Die STIKO hat ihre Corona-Impfempfehlung für Minderjährige zurückgenommen. Grund sei der in der Regel milde Verlauf der Erkrankung in dieser Altersgruppe. Dies war jedoch schon zum Zeitpunkt der Impfempfehlungen bekannt. Die Entscheidung zeigt den massiven Einfluss der Politik auf wissenschaftliche Entscheidungen während der Corona-Pandemie.

Die Ständige Impfkommission hat die allgemeine Corona-Impfempfehlung für unter 18-Jährige zurückgenommen. In einer Pressemitteilung vom Dienstag teilte die STIKO mit, dass die „bis dato vorliegende Evidenz“ zeige, dass Corona-Infektionen bei Kindern und Jugendlichen „in aller Regel problemlos“ verlaufen. Die STIKO empfehle daher eine Impfung in dieser Altersgruppe „jetzt nicht mehr“.
Hinter dem trocken-medizinischen Kauderwelsch versteckt sich ein Skandal, der das Vertrauen in das deutsche Gesundheitssystem nachhaltig erschüttert. Denn, dass Kinder durch eine Corona-Infektion kaum gefährdet sind, war schon im Juni 2021 bekannt, als die STIKO erstmalig die Corona-Impfung für 12- bis 17-Jährige mit Vorerkrankungen empfahl. Im August folgte die Empfehlung für alle gesunden Kinder ab 12 Jahren, im Dezember wurde erst 5- bis 11-jährigen Kindern mit Vorerkrankungen eine Impfung empfohlen, im Mai 2022 dann allen Kindern ab 5 Jahren. Später wurde auch für Kinder mit Vorerkrankungen im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren eine Impfempfehlung ausgesprochen. Zu keinem Zeitpunkt waren jedoch Kinder auffallend von schweren Corona-Infektionen betroffen. Wenn erkrankte Kinder überhaupt Symptome entwickelten, glichen sie meist denen einer einfachen Erkältung.
STIKO hatte sich lange gewehrt
Zur Erinnerung: Die STIKO hatte sich lange Zeit gegen die Impfempfehlung für Kinder gewehrt – als Begründung gaben die Wissenschaftler die wenigen Daten an, die ihnen zur Beurteilung der Wirksamkeit und Verträglichkeit des Impfstoffes vorlagen. Den Experten standen nur wenige Impfstoff-Studien an Kindern zu Verfügung, die nur mit wenigen Kindern über einen kurzen Zeitraum durchgeführt worden waren – sie wollten daher weitere Daten abwarten, bevor sie eine Impfempfehlung aussprachen.
Doch die Politik war mit dem Vorgehen der Wissenschaftler nicht einverstanden. Sofort nachdem die STIKO im Juni 2021 die Impfempfehlung für über 12-Jährige mit Vorerkrankungen ausgesprochen hatte, drängten Lauterbach und Spahn öffentlich dazu, die Impfung für alle Kinder ab 12 Jahren zu zulassen. Im August sagte Lauterbach der WELT, dass die STIKO bei der Kinderimpfung „zunehmend in eine Außenseiterposition“ gerate. Robert Habeck forderte zur gleichen Zeit die STIKO auf, „mal ein bisschen in die Gänge [zu] kommen“. Nur zu sagen, dass man nicht genug Daten habe, war für den damaligen Grünen-Parteichef „keine ausreichende Haltung“.
Massiver Druck vonseiten der Politik
Schließlich kündigten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern an, auch ohne Empfehlung der STIKO zu beschließen, dass allen Kindern zwischen 12 und 17 Jahren ein Impfangebot gemacht werden solle. Nur wenige Tage später sprach die STIKO die generelle Impfempfehlung für über 12-Jährige aus.
Dieser Vorgang wiederholte sich ein halbes Jahr später bei der Impfung für 5- bis 11-Jährige. Noch am 2. Dezember 2021 sagte STIKO-Vorsitzender Thomas Mertens der FAZ, dass er angesichts der geringen Datenlage seine eigenen kleinen Kinder derzeit nicht impfen lassen würde. Nur eine Woche später sprach die STIKO dennoch die Impfempfehlung für über 5-Jährige mit Vorerkrankungen aus. Das war dem neu berufenen Gesundheitsminister Lauterbach offensichtlich immer noch zu wenig. Sein Gesundheitsministerium schrieb damals auf seiner Webseite, dass die STIKO für „alle Kinder und Jugendlichen zwischen 5 und 11 Jahren und ab 12 Jahren“ empfehle – eine glatte Lüge.
Kurz darauf kündigte Lauterbach in Eigenregie an, dass die Booster-Impfung auch für über 12-Jährige angeboten werde – wenige Wochen später, so bezeichnete es die Berliner Morgenpost, zog „die STIKO nach“ und passte „ihre Empfehlung an“.
Das deutsche Gesundheitssystem ist nicht mehr vertrauenswürdig
Dass die STIKO ihre Kinder-Impfempfehlungen nun, ein Jahr später, mit derselben Begründung zurücknimmt, mit der sie die Impfung ursprünglich nicht zulassen wollte, bestätigt den Eindruck, dass die STIKO während der Pandemie zunehmend von der Politik zu ihren Entscheidungen getrieben, wenn nicht gezwungen wurde. Der massive Druck der vom Corona-Wahn gepackten Politiker scheint bewirkt zu haben, dass die Wissenschaftler offenbar keine Entscheidungen aufgrund der zur Verfügung stehenden Daten mehr fällen konnten, sondern nur noch möglichst passende Daten zu den politisch gewollten Entscheidungen gesucht haben.
Im Ergebnis hat das deutsche Gesundheitssystem nach fast drei Jahren Corona-Krise endgültig seine Glaubwürdigkeit verloren. Die Beeinflussung der STIKO-Entscheidungen durch die Politik hat gezeigt, dass die STIKO keine unabhängige Expertengruppe mehr ist (wenn sie es denn jemals war), sondern in seinen Entscheidungen massiv staatlich beeinflusst wird. Ihre Aufgabe, auf Basis sorgfältiger Auswertung von wissenschaftlichen Daten über Wirkung, Verträglichkeit, Nebenwirkung eine Kosten-Nutzen-Abwägung für jede Impfung durchzuführen, hat sie unter dem Druck der Politik aufgegeben.
Generell scheint die deutsche Gesundheitspolitik nicht mehr daran interessiert zu sein, auf Basis sorgfältig durchgeführter wissenschaftlicher Forschung, die bestmögliche medizinische Versorgung ihrer Bürger zu gewährleisten. Stattdessen ist die Medizin ein weiteres Mittel geworden, politische Interessen durchzusetzen – im Zweifel auf Kosten der Gesundheit der Deutschen.