Diversität wurde in Deutschland zu einem großen Thema hochstilisiert. Nun wird ausgerechnet der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk durch seine eigenen Mitarbeiter wegen vermeintlich fehlender Vielfalt gescholten. Jan Böhmermann eröffnete die Debatte in seiner eigenen Sendung. Jetzt folgt ihm das Online-Reportagen Format strg_f. Der Tenor: Der ÖRR ist zu weiß und zu männlich.
„Diversity nur fürs Schaufenster? Wie wichtig ist sie ARD & Funk wirklich?“. Das ist der Titel der neuesten Dokumentation von strg_f. Die beiden Reporter, Lia und Sulaiman, rechnen hier mit der angeblich zu großen Homogenität des Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunks ab. Der Öffentlich-Rechtliche-Rundfunk sei nur oberflächlich divers aufgestellt. Gezeigt werden zahlreiche Sendungen der Öffentlich-Rechtlichen und deren vielfältige Moderatoren. Eingeblendet werden an dieser Stelle etwa Muschda Sherzada vom „Tigerenten-Club“ oder die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die für Funk arbeitet. Doch die Vornamen der hinter den Sendungen stehenden Redakteure sind für die Macher der Doku ernüchternd. Die Namen lauten Carola, Sebastian, Christian oder Jonathan. Dies zeigt für Lia und Sulaiman, dass Diversität bei ARD, ZDF und Co nicht gelebt wird. Die Namen sind den Doku-Macher offenbar zu deutsch.
Die Journalisten von strg_f stehen mit ihrer Meinung jedoch nicht alleine da. Größen der Öffentlich-Rechtlichen Rundfunanstalten stimmen ihnen zu. Interviewt werden zahlreiche Moderatoren von ÖRR-Sendungen, so etwa Enissa Amani. Sie findet beispielsweise, dass langjährige Tatort-Autoren wohl kaum eine plurale Gesellschaft abbilden können und findet die neugefundene Vielfalt in Sendungen nicht authentisch. Außerdem sagt sie deutlich in Richtung der überwiegend homogenen Führungskräfte der Öffentlich-Rechtlichen: „Jetzt ist Zeit abzugeben.“
Die ARD soll Mitarbeiter nach „Diversitätsmerkmalen“ auswählen
Auch Lia und Sulaiman beschäftigen sich mit der Diversität in Führungspositionen. Die Beurteilung des NDR-Rundfunkrats, dem Stammsender des strg_f-Formats, fällt eher kritisch aus. Bei den anderen Führungspositionen sieht es aus Sicht der Macher der Doku ähnlich schlecht aus. Auch hier werden die Vornamen als Beweis für fehlende Vielfalt genannt: Joachim, Katja, Frank, Sascha.
Als sie bei der ARD nach Statistiken zur Diversität (also wie viele Mitarbeiter queer, weiblich etc. sind) fragen, erhalten sie von der Pressestelle eine Absage. Die Anfrage nach solchen privaten Daten widerspreche allen Grundsätzen der ARD. Die Macher der strg_f wollen dabei ein ähnliches System wie bei der britischen BBC. Die Sender sollen daraufhin von ihren Mitarbeitern die „Diversitätsmerkmale“ prüfen und dadurch sicherstellen, dass ausreichend Vielfalt herrscht.
Die Dokumentation wird aus diesem Grund kontrovers auf YouTube diskutiert. Viele kritisieren die Schaffung eines künstlichen Problems. Die Macher der Dokumentation, beteuern sich mit der Kritik auseinanderzusetzen. Aus den Reihen der eigenen Kollegen kommt unterdessen keine Gegenkritik.