Knapp eine halbe Milliarde Euro hat die Bundesregierung im vergangenen Jahr ins Ausland überwiesen als Kindergeld für Arbeitnehmer mit ausländischen Wurzeln. Weil die Lebenshaltungskosten dort deutlich geringer sind, steht die Forderung im Raum, die Leistungen zu kürzen.
Die Bundesregierung überweist immer mehr Kindergeld ins Ausland. Allein im Jahr 2022 wurden 465,3 Mio. Euro Kindergeld auf Konten in europäischen Nachbarstaaten überwiesen. Das geht aus einer Antwort von Finanzstaatssekretärin Katja Hessel auf Anfrage des AfD-Abgeordneten René Springer hervor, die dem Interview-Portal „Schuler! Fragen, was ist“ vorliegt.
Der im Jahr 2022 gewährte Kinderbonus von 100 Euro/Kind ist hierbei noch nicht berück- sichtigt, schreibt Hessel. Zudem könne der „gesamte Zahlbetrag an Kindergeld für im Ausland lebende Kinder auf ausländische Konten kann nicht festgestellt werden“. Es bleibt also ein Dunkelbereich.
Hintergrund der Zahlungen sind EU-Regelungen, wonach Kindergeld seit 2010 auch für Kinder im Ausland zu zahlen ist, wenn die Eltern oder andere sorgeberechtigte Angehörige in Deutschland leben oder arbeiten. Neben der EU gibt es auch Vereinbarungen mit einigen außereuropäischen Staaten, darunter die Türkei, Serbien und Marokko.
Die Summe der seit dem Jahr 2010 ins Ausland überwiesenen Kindergeldzahlungen beläuft sich (ohne Berücksichtigung der entsprechenden Kinderboni) auf inzwischen insggesamt 3,71 Milliarden Euro. Wurden im Gesamtjahr 2010 für die rund 95.000 im Ausland gemeldeten Kinder noch 35,9 Millionen Euro gezahlt, so wurden allein bis Februar 2023 für die 319.686 im Ausland lebenden Kinder bereits 83,4 Mio. Euro überwiesen. Die Steigerungen ergeben sich einerseits aus einer wachsenden Zahl berechtigter Kinder, zum Teil aber auch aus den Kindergelderhöhungen des betrachteten Zeitraums.
Von den derzeit rund 320.000 im Ausland lebenden Kindern besitzt mit 40,9 Prozent (131.000) der größte Anteil einen Wohnsitz in Polen. Dahinter folgen mit 11 Prozent (35.000) die im Ausland lebenden Kinder deutscher Eltern. An dritter Stelle folgen mit 9,5 Prozent (30.000) Kinder mit einem gemeldeten Wohnsitz in Rumänien, gefolgt von 6,3 Prozent (20.000) mit einem Wohnsitz in Kroatien. Weitere 4,6 Prozent (15.000) der Kinder verzeichneten einen Wohnsitz in Frankreich.
Die Auslandsüberweisungen sind von Anfang an umstritten, weil die Lebenshaltungskosten auch innerhalb der Europäischen Union sehr unterschiedlich sind. So liegt das Preisniveau für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen laut Europstat in Osteuropa unterhalb von 80 Prozent, meist sogar unterhalb von 60 Prozent des europäischen Durchschnitts. In der Türkei wird das Preisniveau offiziell mit 47 Prozent des EU-Durchschnitts angegeben. Gleichzeitig liegen die monatlichen Durchschnittslöhne etwa in Rumänien (955 Euro) oder Bulgarien (617 Euro) deutlich unterhalb der Einkommen in Deutschland, so dass mit dem Kindergeld eine deutliche Aufbesserung der Familienkasse zu Lasten der deutschen Steuerzahler erreicht wird.
„Die Bundesregierung wirft mit Steuergeld nur so um sich“, kommentiert der AfD-Abgeordnete René Springer. „So sind inzwischen mehrere Milliarden Euro an Kindergeld auf ausländische Konten überwiesen worden. Am meisten profitieren unsere osteuropäischen Nachbarn. Dort sind die Lebenshaltungskosten deutlich niedriger als in Deutschland. In einigen dieser Länder entspricht das Kindergeld für zwei Kinder bereits einem Monatslohn. Es ist überhaupt nicht vermittelbar, warum Osteuropäer besser gestellt werden als Familien, die in Deutschland leben. Wir fordern die Bundesregierung auf, das Kindergeld endlich auf die Lebenshaltungskosten vor Ort abzusenken. Das schafft Gerechtigkeit und entlastet die Steuerzahler.“