- Interne Emails zeigen: Staatssekretär Patrick Graichen wollte 60 Mitarbeiter der Dena zeitweise in das Bundeswirtschaftsministerium holen
- Kosten: 10 Millionen Euro.
- Projekt wurde erst gestoppt, als Vorwürfe wegen Vetternwirtschaft in Habecks Ministerium laut wurden.
Der Skandal um Patrick Graichen nimmt kein Ende: Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Grüne) ist aufgrund seiner private Verflechtungen in seinem Ministerium in den vergangenen Tagen schwer in Kritik geraten. The Pioneer berichtet jetzt über neue interne E-Mails, die den Skandal nochmals verschärfen könnten.
Im November 2022 ist Deutschland mitten in einer schweren Energiekrise. Habecks Beamte aus dem Ministerium sind „kurz vorm Burnout“, wie der Minister damals in Kameras jammerte. In dieser Phase entwickelt der für die Energiewende zuständige Staatssekretär Patrick Graichen eine rechtlich fragwürdige und teure Idee.
Der Plan: Personal von der Deutschen Energieagentur (Dena) ohne normales Vergabeverfahren auszuleihen. In einer E-Mail eines Referenten der Abteilung Strom aus dem Ministerium, datiert vom 15. November 2022, an mehrere Mitarbeiter des Hauses wird der Plan detailliert vorgestellt, wie The Pionieer berichtet. Die Dena soll das Ministerien bei der Umsetzung der Energiewende unterstützen, ist aber sowohl dem Wirtschaftsministerium als auch dem Umweltministerium untergeordnet.
Die Mitarbeiter sollten die Ministeriumsabteilungen Klimaschutz, Wärme und Strom unterstützen, der Einsatz sei für mindestens 24 Monate vorgesehen. Praktisch eine Personalausleihe von der Dena. Die Arbeitszeit der Mitarbeiter erfolge „zu 100Prozent“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, heißt es in der Email. Die Dena als Zeitarbeitsfirma für den Minister?
Transparenz adieu: Um die Finanzierung müssten sich die Beamten im Ministerium keine Sorgen machen, heißt es weiter. Die genannten Stellen würden nicht durch das „Abteilungsbudget“ oder die Haushaltsmittel des Ministeriums begrenzt. In Ministeriumskreisen heißt es, das auf zwei Jahre angelegte Personal-Projekt hätte bis zu 10 Millionen Euro gekostet. Ab dieser Summe müsste ein Ministerium eigentlich ohnehin europaweit ausschreiben.
Die Dena zeigt sich unerfreut über das Ministeriums-Anfrage und teilt dies der zuständigen Abteilung in Habecks Ministerium mit. In einer E-Mail an die Geschäftsführung erklärt ein Mitarbeiter der Agentur, dass er dem Ministerium vorgeschlagen hat, die Unterstützung eher im Rahmen „klassischer Projekte“ anzubieten. Das Ministerium lehnte das jedoch ab. Es muss die zeitweise Übernahme der Mitarbeiter sein.
Alle anderen Möglichkeiten werden abgelehnt. Ein ordnungsgemäßes Ausschreibungsverfahren wird verworfen. Argument: Die direkte Vergabe an die Dena könne Zeit und Arbeitsaufwand sparen.
Jetzt wird es rechtlich schwierig: Haushaltsrechtlich ist so ein Manöver fragwürdig. Der Probleme einer solchen kurzfristigen Ausleihe von 60 Mitarbeitern aus einem Staatsunternehmen ist sich Graichens Abteilung bewusst. In der E-Mail der Ministeriumsabteilung heißt es, man könne aus „formalen Gründen“ den Auftrag nicht auf das Personal beziehen, sondern sich auf „die konkret zu erbringenden Leistungen als Projekt“ konzentrieren. Man ahnte also, dass die Aktion problematisch sein könnte. Sollten die ausgeliehenen Mitarbeiter an Gesetzesentwürfen mitwirken – was bei 60 zusätzlichen Mitarbeitern für die drei zentralen Energieabteilungen kaum ausgeschlossen werden kann – würde Habecks Ministerium rechtswidrig handeln, berichtet The Pioneer.
Und es geht noch weiter: In der Leistungsbeschreibung für die Personalausleihe, die der E-Mail des Referenten angehängt, ist und The Pioneer vorliegt, ist festgehalten, dass die neuen, externen Mitarbeiter auch Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit für Projekte des Ministeriums durchführen sollten. Auch brisant ist, dass die ausgeliehenen Mitarbeiter laut Punkt 4.1 an „internen Prozessen und Dokumenten des BMWK“ mitwirken und an „internen und externen Besprechungen“ des Ministeriums teilnehmen sollen. Das bedeutet im Grunde, dass das Ministerium Personal ausleiht, es jedoch wie eigene Mitarbeiter behandelt. Dabei sind die Mitarbeiter der Dena keine Beamten.
Projekt-Ende wegen Graichen-Affäre: Alles im allem ein intransparentes, rechtlich sehr fragliches Projekt, das erst durch die aktuelle Entwicklung um die Person Patrick Graichen zur Akte gelegt wurde. Nach The Pioneer– Informationen wurde das Projekt erst vergangene Woche bei einer Personal-Sitzung endgültig gestoppt. Wahrscheinlich ist,
dass es nach Publikmachen, der privaten Verbindungen von Staatssekretär Graichen zum designierten Dena-Chef Michael Schäfer – der Trauzeuge Graichens – neu bewertet wurde. Eine Sprecherin des BMWK betonte hingegen, es sei ein längerer Prozess gewesen. Die rechtlichen Zweifel habe es immer wieder gegeben.