Ganz offen werden Straftaten angekündigt, trotzdem dürfen entsprechende Demonstrationen zum 1. Mai stattfinden. Denkt man an die Proteste gegen Corona-Maßnahmen zurück, die mit absurdesten Begründungen verboten wurden, kann man nur zu einem Schluss kommen: Das Demonstrationsrecht, eines unserer wichtigsten Grundrechte, folgt keinen rechtsstaatlichen Prinzipien mehr.
Wasserwerfer, um Demonstranten von der Straße zu zwingen. Journalisten, die über staatlich verordnete Verbote kritiktlos berichten und häufig sogar verteidigen. Gerichte, die fast jede Maßnahme legitimieren, ohne mit der Wimper zu zucken. All das war Alltag in der Corona-Zeit. Die Begründungen waren bereits damals absurd und wirken heute, mit Abstand, noch viel absurder.
So wies beispielsweise Ende Juli 2021 das Oberverwaltungsgericht Berlin mehrere Eilanträge gegen Demo-Verbote mit der Begründung zurück, die Delta-Variante des Coronavirus weise „eine deutlich höhere Übertragbarkeit“ auf und die Infektionsgefahr durch die Anreise der Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet sei zu hoch. Die Inzidenz damals in Berlin: 25. Bundesweit betrug sie 16.
Straftaten werden angekündigt
Infektionsschutz war zu jener Zeit ein gängiger Vorwand, um Proteste zu verbieten. Häufig hieß es auch, man erwarte Straftaten. Anders als nun bei den 1. Mai-Demos wurden diese aber nicht angekündigt. Nun schreiben die Veranstalter im Vorfeld der sogenannten „Revolutionären 1. Mai-Demonstration”, man freue sich „brennend“. Über dem Foto einer Flasche prangt das Stichwort „#Molotowcocktail“.
Das ist eine klare Ankündigung von Straftaten und wäre damit eigentlich ein legitimer Grund, die Demonstration zu verbieten, zumal es in der Vergangenheit nach jener Demo immer wieder Gewalt und Angriffe auf die Polizei gegeben hat.
Enteignung von Konzernen, Sozialismus, eine wahnhafte Fixierung auf Klima-Themen: Ich halte die Inhalte, für die heute Tausende auf die Straße gehen, für brandgefährlich. Trotzdem würde ich mich sofort dafür einsetzen, dass auch diese Proteste stattfinden dürfen, wenn sie unter fadenscheinigen Begründungen verboten würden. Denn auch hier gilt: Das Demonstrationsrecht ist ein so hohes Grundrecht, dass es für alle gelten muss – selbst für diejenigen, deren Überzeugungen den eigenen entgegenstehen. Nur wer das verinnerlicht hat, hat die immense Bedeutung dieses Grundrechts wirklich verstanden.