
Ein linker Journalist läuft endgültig über: Raphael Thelen lässt seinen Beruf hinter sich, um sich den Klima-Radikalen der „Letzten Generation“ anzuschließen. Wir haben seine Texte gelesen. Was man erkennt: Eine Radikalisierung mit Ansage.
Sein öffentlichkeitswirksamer Schritt erregte Aufsehen in der Medienbranche: Der bisherige freie Journalist Raphael Thelen wird Klimakleber. Er gehe zur „Letzten Generation“, verkündete Thelen, der bisher unter anderem für den Spiegel und die Zeit schrieb, in einem Podcast sowie auf Twitter. Seine Branche – der Journalismus – habe versagt, beklagt sich Thelen: Dass die Mehrheit der Menschen keine radikalen Klimaschutzmaßnahmen fordere, läge daran, dass die Medien sie nicht vernünftig informieren.
Doch dieser Schritt ist nicht etwa plötzlich: Seit Jahren schreibt Raphael Thelen schon zum Thema Klimawandel. Sein Wechsel zur „Letzten Generation“ ist Ende eines Prozesses, dessen Fortschreiten sich in Thelens Beiträgen glasklar widerspiegelt – schon lange vor seinem offiziellen Übertritt zu den Klima-Chaoten war Thelen eher eine Art Journo-Aktivist. „An Bord eines Seenotrettungsschiffs im Mittelmeer stellte ich mir zum ersten Mal die Frage: Darf ich mich gemein machen mit einer guten Sache?“ Fragte sich Thelen laut seiner Website. Er entschied, als Crewmitglied auf dem Schiff „mitzuarbeiten und trotzdem zu berichten.“ Mitmachen und dabei „berichten“ – dieser Geist prägt Thelen und die Artikel, die er schreibt. Der Ex-Journalist bekennt freimütig, dass er „es immer wichtig fand, radikale Inhalte in großen Medien unterzubringen“.
Der Spiegel und die Zeit gaben ihm dafür gerne und unkritisch eine Plattform, auch für die taz war Thelen früher tätig. Und so schrieb Thelen darüber, dass „wir uns die Reichen nicht mehr leisten“ können, weil sie von einem „System“ profitieren, dass den Planeten bedrohe. „Rachegelüste“ verspüre er gegenüber „Superreichen mit ihrem Killerkonsum“. „Enteignung zum Schutz der Lebensgrundlagen – ich mag den Klang, den das hat“, fabuliert er und kündigt an: „2022 wird radikaler“. Das alles stand vor einem Jahr in der Zeit. Ebenfalls für die Hamburger Wochenzeitung begleitete er im letzten Frühjahr zwei Täter der „Letzten Generation“ bei der Sabotage der „Druschba“-Ölpipeline in Schwedt – offiziell für eine Reportage. Das Spiegel-Interview aus dem Jahr 2019, in dem der „Extinction Rebellion“-Gründer den Klimawandel mit dem Holocaust verglich („Der Klimawandel ist nur das Rohr, durch das Gas in die Gaskammer fließt“), führte Thelen – oberflächlich kritisch. Sein Grundsatz „mitarbeiten und trotzdem berichten“ beginnt da schon längst, sich widerzuspiegeln.
Der Schritt zur „Letzten Generation“ ist nach dieser Entwicklung eigentlich nur noch folgerichtig – und vor allem das Ergebnis einer Radikalisierung, die sich offenbar völlig ungebremst auf den Websites deutscher „Qualitätsmedien“ abspielen konnte.