
„Rassist“, „Fremdscham“, „menschenverachtend“ und „widerlich“. Man staunt schon, wenn man die Reaktionen auf CDU-Mann Udo Witschas aus Bautzen liest. Dabei ist die Vernichtung eines Mannes, der die Sorgen derer artikuliert, die er vertreten soll, gerade das einzige, was „Fremdscham“ oder „Menschenverachtend“ ist.
Was war passiert: Am Dienstag veröffentlichte der Bautzener Landrat Udo Witschas ein Art Weihnachtsansprache. Darin spricht er zweieinhalb Minuten zu seinen Wählern. Er greift das „aktuelle Thema der Unterbringung von Geflüchteten“ auf und verweist auf Gespräche mit Bürgern. Er geht auf die jüngste Kreistagssitzung (12.12.) auf, die sich gegen eine Unterbringung von Geflüchteten in einer Unterkunft in Hoyerswerda ausgesprochen hat. Menschen seien auf Witschas zugekommen und hätten besorgt gefragt, ob Turnhallen herhalten müssten.

Dabei ist bemerkenswert, dass die Unterbringung der Flüchtlinge in einem leeren Rechenzentrum in Hoyerswerda eine Idee Witschas‘ (!) war. Er habe damit ein Szenario verhindern wollen, bei dem kommunale Träger bereitgestellt werden müssen. Was er nicht wollte: Keine Flüchtlinge. Das ganze Thema der Flüchtlingsunterbringung ist aktuell in zahlreichen deutschen Kommunen ein großes Thema, das Menschen beschäftigt, aus guten Gründen. Aus der gesamten Rede Witschas geht das auch hervor. In diesem Sinne ist das Video auch keine Weihnachtsansprache, sondern eine Antwort auf zahlreich formulierte Sorgen seines Wahlkreises.

Was dann passiert ist, war böswillig. Eine linke „Ex-FDP-Influencerin“ verbreitete einen Ausschnitt und insinuierte perfide: Hier ist ein Lokalpolitiker, der vor Weihnachten gegen Flüchtlinge schießt. Linke und Grüne sprangen darauf an. Friedrich Merz wurde markiert, eine Schar von Journalisten und Unionspolitikern begann, die Sau durchs Dorf zu treiben, ohne sich mit dem Kontext auseinanderzusetzen. Es sind diejenigen, die auch am lautesten heulen, wenn die AfD zulegt.
Die Aussagen, die Witschas angeblich zum bösen Neonazi machen, sind folgende: Erstens meint Witschas Sportangebote sollen nicht für die Asylpolitik bluten. Ebenfalls sei er nicht bereit, den sozialen Frieden für die falsche Unterbringung von Menschen zu riskieren, die Kultur und Regeln nicht kennen. Ja, mein Gott, wie kontrovers. Den Shitstorm versuchte Udo Witschas auf Facebook nochmal einzufangen und betonte: „Der Landkreis wird seiner humanitären Verantwortung nachkommen“. Aber da war das Kind bereits in den Brunnen gefallen und der Shitstorm war am toben.

Es entsteht ein Skandal, der nur bei Twitter stattfindet, was wiederum für Medienberichterstattung sorgt. Und das angestoßen von von einem inquisitorischen Mob, der die Union ohnehin nie wählen wird – oder von Leuten, die keine Ahnung von den Realitäten in Bautzen haben. A propos Lebensrealitäten in Bautzen: 32 Prozent haben dort bei der Bundestagswahl AfD gewählt. In jüngsten Umfragen sind CDU und AfD Kopf an Kopf. Witschas weiß sehr genau, was Menschen vor Ort umtreibt und es ist auch absolut klar, dass sich kaum jemand in Bautzen am Video gestoßen hätte. Seit 2016 kam es in Bautzen immer wieder zu Krawallen zwischen Rechtsextremen und Flüchtlingen. Letztere attackierten auch schon Beamte mit Flaschen.
Ein Kommunalpolitiker wie Witschas hört auf seine Basis – weitaus mehr als Twittermaulhelden es machen würden. Er versteht, wie sich Unmut breit macht und dass nicht jeder, der sich Sorgen wegen Turnhallen macht, gleich ein Faschist ist. Interessant ist, wie Witschas Treffen mit NPD-Kadern (Wruck, Kühn) negativ ausgelegt werden – in einem Fall, um über Deeskalationsstrategien im Landkreis zu reden; in einem weiteren Fall, weil Kühn an Witschas Tür klopfte und begann, mit ihm zu sprechen. Das sieht natürlich ungut aus, keine Frage, und man darf mehr Sensibilität von einem CDU-Mann erwarte. Aber es wird nie verbreitet, dass Witschas sich von der NPD distanzierte; dass er nach praktikablen Lösungen für Unterbringung von Flüchtlingen sucht; dass er sich wie folgt über geflüchtete Ukrainer äußerte:
„Für mich ist ganz klar: Nicht ein einziger vor diesem schrecklichen Krieg und Elend flüchtender und bei uns angekommender Ukrainer wird weitergeschickt. Nicht ein Einziger! Ein Jeder ist bei uns willkommen. Wer weiterziehen will, kann sich ausruhen und wird mit dem Nötigsten versorgt. Wer bleiben will, den nehmen wir behütet auf.“
Das alles passt nicht ins Bild des Neonazis mit CDU-Parteibuch. Was bleibt, ist ein misslungener Facebook-Auftritt, der, was Timing und Wortwahl angeht, besser geplant hätte werden müssen aber keineswegs ein Skandal ist und Witschas zum Neonazi macht. Am Ende sagt ein konservativer Kommunalpolitiker konservative Dinge, die Menschen aus gutem Grund umtreiben. Linkstwitter entdeckt das und zerstört ihn. Und die halbe CDU verliert ihr Rückgrat und distanziert sich sofort.