Zum ersten Mal in der US-Geschichte wird ein Ex-Präsident angeklagt. Von einem Staatsanwalt, unter Druck von seiner linken Wählerschaft, mit einer eigenwillige Auslegung des Gesetzes und einem unglaubwürdigen Kronzeugen.
Jetzt ist es so weit: Nach wochenlanger Spekulation hat eine Grand Jury in Manhattan Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump erhoben. Wegen was, das weiß man – zumindest offiziell –noch nicht, denn die Klage ist bis zu Trumps Festnahme und ersten Erscheinen vor Gericht unter Verschluss.
Aber trotzdem war dank Leaks in den letzten Wochen schon in vielen Medien zu lesen, worum es wohl gehen soll: Falsche Auskünfte über Schweigegeldzahlungen an eine angebliche Affäre Trumps, Pornodarstellerin Stormy Daniels. Trump wehrt sich gegen die Vorwürfe aufs heftigste bezeichnet sie als „Hexenjagd“, beschimpft den zuständigen Staatsanwalt Alvin Bragg. Viele Republikaner verurteilen die Anklage ebenfalls als politisch motiviert.
Die Aufregung jedenfalls ist groß. Die Rede ist von einem „Stresstest“ für die US-Demokratie und den amerikanischen Rechtsstaat. Trump und seine republikanischen Fans würden versuchen wollen den zu torpedieren, so der Tenor. Auf der einen Seite ein pflichtbewusster Staatsanwalt auf der anderen Seite der kriminelle Beinahe-Putschist Trump. Trumps Beleidigung gegen Staatsanwalt Bragg machen so ein Framing einfach.
Unschuldsvermutung gilt auch für Trump
Aber es geht in dem Fall nicht um die Rhetorik oder Charaktereigenschaft Trumps – Stichwort Affären – oder darum, dass er Möglichkeit habe „seine Unschuld zu beweisen“, wie die ehemalige demokratische Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, die Unschuldsvermutung auf Twitter über den Haufen warf. Es geht darum, dass Trump „zweifelsfrei“ ein Verbrechen nachgewiesen muss, wenn er hinter Gittern landen soll. Und dafür geht es um Beweise und die Rechtslage. Und die ist tatsächlich sehr dünn – zumindest nach allem, was bisher bekannt ist.
Denn das Vergehen für das Bragg Trump anklagen wollte, falsche Angaben in seinen Geschäftsbüchern über Zahlungen an Daniels – Schweigegeld, dass als „Rechtsausgaben“ für seinen Anwalt deklariert wurde – ist längst verjährt. Für die Anklage musste Bragg also einen Weg finden, diesen Anklagepunkt irgendwie wieder zum Leben zu erwecken. Und das soll funktionieren, indem er dem Vorwurf ein „Upgrade“ verschafft. Denn solche Falschangaben zur Verschleierung eines anderen Verbrechens werden höher bestraft und sind auch noch nicht verjährt. Das entsprechende Verbrechen, was er Trump verschleiert haben soll: Illegale Kampagnenfinanzierung.
Der Vorwurf: Trump habe das Schweigegeld gezahlt, um seinen Wahlkampf nicht zu gefährden. Das Problem dabei ist nur: Dafür zuständig wären eigentlich Bundesbehörden, und die haben tatsächlich gegen Trump ermittelt – nur um dann zum Schluss zu kommen, dass die Beweislage zu dünn ist. Sowohl Bidens Justizministerium als auch die Bundeswahlkommission FEC sahen keinen Verstoß gegen Wahlkampffinanzierungsgesetze. Aber der lokale Staatsanwalt von Manhattan Bragg will sie jetzt gefunden haben?
Ein verurteilter Lügner als Kronzeuge gegen Trump?
Alvin Bragg, das ist der Mann der Trump jetzt vor Gericht stellen will. Als Staatsanwalt des Countys von Manhattan, eines der fünf Counties von New York City, ist er ein Vertreter des niedrigsten, lokalste Levels in der US-amerikanischen Justiz. Solche, Distriktstaatsanwalt genannten Beamten, werden genauso wie ihre Pendants auf Bundesstaatsebene meist direkt von den Wählern gewählt. So auch im Fall Braggs. Er wurde im November 2021 gewählt – als Kandidat der Demokratischen Partei von Joe Biden. Und das im tieflinken New York, wo es normal ist, dass Wähler von ihren Staatsanwälten erwarten, dass man gegen Trump ermittelt. So machte etwa New Yorks Generalstaatsanwältin Letitia Jones 2019 schon mit dem Versprechen Wahlkampf Trump ins Gefängnis zu bringen – und forciert seitdem eine zivilrechtliche Klage gegen ihn und seine Familie.
Als dann schon kurz nach Braggs Amtsantritt in Manhattan zwei Anwälte in seinem Team zurücktraten, und ihn dafür attackierten er tue nicht genug gegen Trump, kam er unter Druck. Angesichts der dünnen Beweislage und dem Vorgehen seiner Kollegen auf Bundesebene, ist es durchaus verständlich, dass Bragg zuerst zu wenig Beweise sah, um gegen Trump vorzugehen. Kronzeuge gegen Trump soll laut Medienberichten Michael Cohen, Trumps Ex-Anwalt, sein. Der wurde erst vor ein paar Jahren wegen Meineids verurteilt – nicht gerade der glaubwürdigste Zeuge also.
Auch sich darauf zu verlassen, dass Schweigegeldzahlungen an eine Affäre per se Wahlkampfausgaben sind, ist alles andere als wasserdicht. Denn Trump könnte sich auch darauf berufen, dass es primär darum ging sein Image und seine Ehe zu retten. So wie etwa John Edwards, ein demokratischer Präsidentschaftskandidat, der wegen so einer Zahlung angeklagt und eben am Ende freigesprochen wurde.
„Niemand steht über dem Gesetz“ – es sei denn Manhattans Staatsanwalt findet die Tat doch nicht so schlimm
Aber der Vorwurf er lasse Trump davonkommen, gerade noch von Anwälten aus dem eigenen Team hätte für Braggs Wiederwahlchancen ein großes Problem werden können. Und am Ende nahm er seine Ermittlung wieder auf und berief eine Grand Jury zur Anklage ein. Hinter der nun ein politisches Motiv zu sehen, ist also durchaus nicht abwegig. Alleine weil Bragg sich eben am Ende bei der nächsten Wahl vor einer äußerst linken Trump-hassenden Wählerschaft rechtfertigen muss.
„Niemand steht über dem Gesetz“, heißt es jetzt häufig, wenn es um Trump geht. Aber es war Bragg selbst der als Staatsanwalt ankündigte einige Verbrechen schlicht nicht mehr zu verfolgen, z.B. Schwarzfahren, Widerstand gegen Polizeibeamte, bestimmte Drogendelikte, etc. Bei gewissen Diebstählen und Raubüberfällen will er niedrigere Anklagepunkte als vorgesehen vorbringen. Kein Wunder, dass ihm jetzt Republikaner vorwerfen, dass er in seinem County nur selektiv Verbrechen verfolgt und dabei das Gesetz biegt und dreht, wie es ihm passt.
Man muss am Ende abwarten, was in der Anklage tatsächlich steht. Natürlich können es auch andere Anklagepunkte und andere Beweise sein. Aber Trump wegen eines eigentlich verjährten falschen Geschäftsbucheintrags mit einem verurteilten Lügner als Kronzeugen anzuklagen, ist nicht nur hochproblematisch, sondern hat selbst nur noch wenig mit der Rechtsstaatlichkeit zu tun, die es dabei angeblich zu verteidigen gilt.