Die Kommunen in Deutschland stoßen an ihre Belastungsgrenzen. Neben über einer Million Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine steigt auch die Anzahl von Asylanträgen aus anderen Ländern. Die Union, unbeeindruckt von Nancy Faesers Flüchtlingsgipfel letzten Monat, hat am Donnerstag hunderte Kommunalpolitiker ins Paul-Löbe Haus eingeladen, um Lösungen für das wachsende Problem zu finden. Zu Wort kamen sowohl besorgte Bürgermeister und Landräte als auch Bundespolitiker.
Trotz des eher mau verlaufenen „Wutwinters“ brodelt es in der Bevölkerung und die Unzufriedenheit steigt. Die AfD steht in Umfragen zwischen 14 und 17 Prozent und verzeichnet einen deutlichen Zulauf seit der letzten Bundestagswahl. Als im Februar ein grüner Stadtrat aus Bayern aufgrund der zunehmenden Flüchtlingszahlen Alarm schlug, fühlten sich Politiker der CDU und AfD bestätigt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser veranstaltete deshalb Mitte Februar einen offiziellen Flüchtlingsgipfel, dessen Ergebnisse von vielen als eher dürftig eingeschätzt wurden. Aus Sicht der CDU, schlägt die Ampelregierung zu wenige Lösungen und Hilfen für die Kommunen vor, weshalb auf dem Gipfel der Union vor allem Kommunalpolitiker Gehör finden sollten. Grüne, SPD und Linke beschuldigten die Union bereits im Vorfeld der Veranstaltung, das Problem zuzuspitzen und Stimmungsmache zu betreiben.
„Wenn wir so weitermachen, müssen wir uns nicht wundern, wenn wir demnächst 20% AfD Wähler haben werden“ ärgerte sich ein Landrat aus Rheinland-Pfalz. Er hatte gerade eine Geschichte aus seinem Landkreis erzählt. Ein bereits abgeschobener (aber wieder eingereister) Sexualstraftäter aus Afghanistan sollte von seinem Landkreis aufgenommen werden nachdem er eine Haftstrafe verbüßt hatte. „Viele Städte sind bei der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten zunehmend am Limit“, erklärt Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von Münster.
Die Ampel lässt die Kommunen im Stich
Viele der Landräte und Bürgermeister sind enttäuscht von der Bundesregierung und ihrem Flüchtlingsgipfel. „Als (…) die Bundesregierung ihren Gipfel gemacht hat, da hat es der Bundeskanzler vorgezogen eine Bäckerei in Hannover zu besichtigen (…), das war für mich persönlich der Gipfel“, so ein Landrat aus Baden-Württemberg. Der Konsens ist: der Wohnraum fehlt, Geld ist keines da und vom Bund kommt kaum Unterstützung.
Neben den Geldproblemen stoßen die Kommunalpolitiker zunehmend auf Akzeptanzprobleme bei der Bevölkerung. Die zentrale Aufnahme von Flüchtlingen ist für viele Bürger zu teuer, doch dezentrale Aufnahme, durch Anmietung von privatem Wohnraum nimmt knappen Wohnraum weg. Beide Lösungen genießen nur wenig Zustimmung innerhalb der Bevölkerung, so ein Landrat. „Wir müssen aufpassen, dass wir gleiches Recht für alle Bürger in diesem Staate beibehalten“, sagt ein Bürgermeister aus dem Harz. Seine Bürger kriegen, laut seiner Aussage, zunehmend das Gefühl, dass abschiebepflichtige Flüchtlinge nicht abgeschoben werden. Auch die Integration finde nicht im ausreichenden Maße statt. Die fehlenden Plätze Schulen und Kitas würden die Integration noch erschweren.
Es bleibt offen wie viel der Gipfel der Union wirklich bewirken können wird. Die Kommunalpolitiker waren zu überwältigender Mehrheit selbst Mitglieder von CDU oder CSU. Andere Parteien kritisierten das Vorgehen scharf. Merz scheint vor allem bemüht, der Union ein deutlicheres Profil in der Flüchtlingspolitik zu geben. Der Gipfel soll dafür wohl ein weiterer Schritt zu sein.