- Jetzt ist es offiziell: Floridas Gouverneur Ron DeSantis will republikanischer Präsidentschaftskandidat werden.
- Er verwandelte Florida vom Swing State in eine konservative Hochburg mit Vorbildfunktion für seine Partei.
- Nun wird sich zeigen ob der Newcomer Trump schlagen kann.
Er könnte nächster US-Präsident werden: Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Nach monatelanger Spekulation hat DeSantis in der Nacht auf Donnerstag deutscher Zeit seine Kandidatur um die republikanische Präsidentschaftsnominierung bekanntgegeben – und dass ausgerechnet auf Twitter, der einstigen Lieblingsplattform von Donald Trump.
Das ist erst in Form eines Ankündigungsvideos, danach noch in Form eines Audio-Livestreams geschehen – letzterer brachte aber mit einem Andrang von fast 700.000 Zuhörern erstmal die entsprechenden Twitter-Server zum Erliegen, bevor es dann kurze Zeit später richtig losgehen konnte. Innerhalb einer Stunde sammelte DeSantis außerdem bereits eine Million Dollar an Online-Spenden ein. Das Interesse für seine Kandidatur ist also da.
DeSanits wird damit jedenfalls auf einen Schlag zu einem der drei wichtigsten Kandidaten für das Rennen um das Weiße Haus 2024. Denn er ist mit Abstand der größte Rivale von Trump bei den Republikanern und auf demokratischer Seite gilt Amtsinhaber Joe Biden trotz taumelnder Umfragewerte als gesetzt. Zeit also einen Blick auf den Republikaner aus Florida zu werfen.
„Trump mit Hirn“
Hierzulande haben sich die Medien, angelehnt an die linken US-Medien, bereits seit Monaten dem DeSantis-Bashing verschrieben. Statt wie früher republikanische Kritiker von Trump als Vorbilder hochzuhalten, heißt es aus linker Ecke gar immer öfter, DeSantis sei noch schlimmer als Trump. Er sei der „Trump mit Hirn“. Doch damit zeigen die Linken nicht nur ihre Ablehnung, sie gestehen auch ein, dass er mehr drauf hat als Trump. Das ist es was seine Gegner fürchten. Und das ist es was auch viele seiner Anhänger motiviert. Aber von vorne.
Erdrutsch-Sieg im Swing State
Als DeSantis 2018 zum Gouverneur von Florida gewählt wurde, ging die Wahl hauchdünn aus: Mit nur 0,4 Prozent Vorsprung besiegte er damals seinen demokratischen Konkurrenten Andrew Gillum. Es war ein schlechtes Wahljahr für Republikaner und das spürte auch DeSantis, der als neues Gesicht in einem Swing State antrat – also einem Bundesstaat, der mal demokratisch mal republikanisch wählt.
Vier Jahre später war es wieder ein schlechtes Wahljahr für Republikaner, aber DeSantis konnte punkten – und zwar haushoch: Mit knapp 20 Prozent Vorsprung holte er einen Erdrutschsieg ein. Auf der Wahlparty ertönten „Zwei Jahre mehr!“-Rufe – bereits in klarer Anspielung darauf, dass er 2024 Tallahassee gen Washington verlassen könnte. Florida hatte er von einem Swing State in einen Republikaner-Hochburg verwandelt. Der Sunshine State war die sonnige Ausnahme in einer Welle der Enttäuschung, die die Republikaner 2022 traf.
Und selbst die knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus, der einzige Zugewinn, den die Republikaner zum Wahltag vorweisen konnten, ist in großen Teilen DeSantis zu verdanken. Denn vier der neun neu gewonnen republikanischen Sitze kamen aus Florida – mehr als aus jedem anderen Bundesstaat. Verantwortlich dafür war auch extremes „Gerrymandering“, also günstige Wahlkreiszuschneidung, von Seiten DeSantis. Das ist natürlich genau eines der Dinge für die DeSantis von linker Seite angegriffen wird.
„Parteiische Wahlkreiszuschneidung? Wie kann er nur?“, denken sie. Die Realität ist, das das in den USA zum Alltag gehört. Man muss sich nur Karten aus Illinois oder Maryland anschauen, um zu sehen wie von linker Seite, genau das praktiziert wird. DeSantis ist schlicht in die Offensive gegangen.
Florida wurde zum Maßstab für konservative Politik in Amerika
Kompromisslos konservative Prioritäten umsetzen, das ist es, wofür er unter Republikanern gefeiert wird. Und warum er unter demokratischen Parteifunktionären verhasst ist. Denn in nur vier Jahren hat DeSantis den Swing State Florida in einen Red State umgebaut, der als Vorbild für andere republikanisch regierte Staaten gilt.
Gleichzeitig überzeugte er mit seiner Politik aber auch die vielen Wähler in der Mitte, die in Swing States und Präsidentschaftswahlen das Rennen entscheiden. Nur so wurde sein Erdrutschsieg von 2022 möglich. Ohne seine konservativen Positionen abzuschwächen hat er es in Florida geschafft auch diese Wählergruppe für sich zu gewinnen.
DeSantis punktet vor allem in zweierlei Hinsicht: Einerseits führt er konsequent den sog. „culture war“ (zu dt. „Kulturkrieg“) gegen linke Identitäts- und Genderideologie, den manche aus seiner Partei scheuen oder nur in Form von rein rhetorischen Schlagabtauschen im Fernsehen führen. Andererseits sorgte er dafür, dass sein Bundesstaat boomt: Mit einer freiheitlichen Corona-Politik zog er nicht nur Urlauber, sondern vor allem viele neue Zuzieher aus dem ganzen Land an.
Dafür, dass er 2020 schon nach wenigen Wochen die Lockdown-Politik beendete, brachte er sich scharfe Kritik von allen Seiten ein. Als „DeathSantis“ wurde er attackiert, insbesondere als er bei der zweiten Corona-Welle standhaft blieb und auf seinem Öffnungskurs verharrte. (Man erinnere sich: Einige der schwersten Corona-Einschränkungen gab es hierzulande in genau dieser Zeit, dem Winter 20/21).
Politisch komfortabler wäre es sicher gewesen einen auf „Team Vorsicht“ zu machen, statt auf „Team Freiheit“ zu setzen. Aber das Durchhalten zahlte sich aus und am Ende kamen immer mehr Urlauber und Neubürger aus den Lockdown-geplagten „Blue States“ wie New York oder Kalifornien in den „Freien Staat Florida“, wie er seinen Bundesstaat taufte. Selbst die ein oder anderen Lockdown-Befürworter wurden mitunter an Floridas Stränden gesichtet.
Auf Kriegsfuß mit Gender-Ideologie und Milliardenkonzern Disney
Über Corona will aber das linke Lager inzwischen kaum mehr reden. Die apokalyptischen Vorhersagen seiner Kritiker von damals scheinen vergessen. Wofür DeSantis jetzt im Dauerfeuer steht, ist sein Kampf gegen Identitätspolitik und Trans-Ideologie. Bekanntestes Beispiel ist wohl der „Florida Parental Rights in Education Act“ (zu deutsch „Florida-Gesetz für Elternrechte in der Bildung“), den Linke als „Don’t Say Gay Bill“ („Sag nicht schwul-Gesetz“) betiteln. Kontrovers an dem Gesetz ist folgende Passage:
„Eine Unterrichtung durch Schulpersonal oder Dritte zur sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität darf im Kindergarten bis zur 3. Klasse nicht oder in einer für Schüler nicht altersgerechten oder entwicklungsgerechten Weise gemäß den staatlichen Standards erfolgen.“
Das sehen Linke und viele Medien auf dieser und der anderen Seite des Atlantiks als Beweis für eine vermeintlich homophobe und transphobe Politik. Linke Gruppe versuchten deshalb das Gesetz zu stoppen – und holten dafür sogar Disney an Bord.
Das Unternehmen ist mit seinem riesigen „Disney World“-Freizeitpark nahe Orlando einer der politisch einflussreichsten Konzerne des Bundesstaats. Nachdem Disney versuchte Druck auf DeSantis auszuüben, um das Gesetz zu stoppen, reagierte der mit der nächsten Offensive: Er entzog dem Unternehmen wichtige Sonderrechte. So hatte Disney zuvor im Grunde einen eigenen Landkreis mit selbst ausgewählten Vertretern. Damit war nach der politischen Intervention schnell Schluss.
Diese Episode wiederrum wird gegen DeSantis jetzt gerne als Beweis für seinen „Autoritarismus“ angeführt. Er habe Disney mit staatlichem Hebeln bestraft, beklagen sich Linke. Dass Disney damit nur Sonderrechte gestrichen wurde, aber kein bisschen schlechter als andere Konzerne dasteht, unterschlägt man. Und überhaupt wer glaubt, dass Linke tatenlos zuschauen würden, wenn sich ein rechter Großkonzern kampagnenartig bei linker Gesellschaftspolitik dazwischenfunkt?
„Florida is where woke goes to die!“
Es ist diese kompromisslose Politik und der mediale Gegenwind, die DeSantis bei der republikanischen Basis so beliebt machen. „Florida is where woke goes to die!“ (zu deutsch „Florida ist der Ort wo Wokesein stirbt!“) war das triumphale Motto seiner Siegesrede nach der Wiederwahl als Gouverneur. Neben seinem Einsatz gegen Gender- und Trans-Ideologen, wozu unter anderem ein kürzlich beschlossenes Verbot von Geschlechtsumwandlungen für Minderjährige gehört, ist dabei der Kampf gegen neorassistische Identitätspolitik einer seiner Kernvorhaben. Dazu gehört der von linker Seite heftig attackierte „Stop WOKE Act“.
Dieses Gesetz verbietet sowohl das Unterrichten von „Critical Race Theory“ gegenüber Schülern als auch entsprechende „CRT“-Trainings für Angestellte in Florida. „Critical Race Theory“ („Kritische Rassentheorie“) wird medial gerne verharmlosend als „Diversity“-Schulung oder „interkulturelle Trainings“ dargestellt. Im Kern, und da sind sich selbst CRT-Anhänger einig, steckt dahinter aber der Gedanke, dass bis heute Gesetze und Institutionen überall inhärent rassistisch seien und damit bis heute Minderheiten rassistisch unterdrückt werden, selbst wenn Gesetze genau das verbieten.
Als Beweis dafür gilt dann immer, dass nicht alle ethnischen Gruppen etwa gleiche Ergebnisse bei Einkommensverteilung, Bildungsstand sowie die selbe Zahl von Gefängnisinsassen und ähnliches hätten. Dass etwa überproportionale Festnahmen eben auch mit einer überproportionalen Anzahl von Straftaten zusammenhängen, blendet man aus. Farbenblindheit, also Menschen eben völlig unabhängig ihrer Hautfarbe zu sehen lehnen CRT-Anhänger ab – sie fordern gerade aggressiv, dass diese längst überwunden geglaubte rassistische Unterteilung wieder zurückkommt.
DeSantis liefert – effektiv und „ohne Drama“
Kampf gegen CRT, gegen Identitätspolitik, das ist bei vielen Republikanern, auch Politikern, beliebt. Aber womit sich DeSantis eben hervorhebt, ist, dass er nicht nur darüber spricht und mit Fox-Auftritten eine Show fürs Publikum liefert, sondern dass er Ergebnisse liefert.
Ein weiteres Beispiel dafür, ist der Kulturkampf um das „New College of Florida“. Eine Universität, die bisher als linke Hochburg galt – wo linke Ideologien wie CRT florierten. Dort installierte DeSantis jetzt konservative Aktivisten wie den Anti-CRT-Wortführer Christopher Rufo als Mitglieder des Hochschulrats. Sie ersetzten kurzerhand den linken Universitätspräsidenten mit dem republikanischen Bildungspolitiker Richard Corcoran und treiben so die konservative Reform der Uni voran.
Das ist sein modus operandi: Beleidigungen und andere Ausfälle wie Trump hat er nicht nötig. Stattdessen nimmt DeSantis mit eigenen Gesetzen und geschickten Personalentscheidungen methodisch eins nach dem anderen linken Vorhaben auseinander. DeSantis ist eben nicht nur der „Trump mit Hirn“, sondern auch der „Trump ohne Drama“ – kurzgesagt: Er ist schlicht und einfach nicht Trump. Er hat seinen eigenen Weg, den Florida-Weg, gefunden.
DeSantis hat es im Sunshine State geschafft konservative Prioritäten in Rekordzeit umzusetzen – und das ohne moderate Wähler zu verprellen. „Floridas Blaupause für Amerika“, wie er es nennt.
Jetzt muss er es zeigen
Dass er das Regieren draufhat, das hat er gezeigt. Worauf es jetzt ankommt, ist, ob er das Zeug dafür hat, Showmaster Trump zu besiegen – dafür Republikaner quer durch das Land davon zu überzeugen, dass er, der Newcomer aus Florida, der bessere Kandidat für die „Grand Old Party“ ist. Besser als Trump, der an die sechs Jahre lang das Aushängeschild der Republikaner war und die Partei durch viele Erfolge – Richterernennungen, Steuersenkungen und restriktive Grenzpolitik – aber eben auch zuletzt vor allem Chaos und Niederlagen anführte.
„Wir müssen die Kultur des Verlierens zurückweisen, die unsere Partei in den letzten Jahren infiziert hat“, sagte DeSantis kürzlich im wichtigen Vorwahlstaat Iowa. „Wenn wir die Wahl 2024 zu einem Referendum über Joe Biden und seine Fehler machen und eine positive Alternative für die Zukunft dieses Landes bieten, werden die Republikaner auf ganzer Linie gewinnen.“
Und Ron DeSantis will derjenige sein, der diese Alternative verkörpert: „Ich kandidiere für das Amt des Präsidenten, um unser großes amerikanisches Comeback anzuführen.“