Der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) Fatih Birol sieht die Lage der europäischen Wirtschaft kritisch. Europas Regierungen seien „ein bisschen zu froh“ über den bisherigen Verlauf der Energiekrise. Er glaubt, dass Europa erst im nächsten Winter vor der Bewährungsprobe steht.
„Der nächste Winter bereitet mir Sorgen“, erklärte Fatih Birol dem Handelsblatt. „Kein russisches Gas, Chinas Comeback als Importeur, wenig Angebotszuwachs: Diese drei Faktoren machen den nächsten Winter zur Herausforderung.“ Birol zufolge hat Europa die Energiekrise noch längst nicht hinter sich gebracht. Ganz im Gegenteil: Viele Regierungen seien „ein bisschen zu froh“ über die bisher glimpflichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise.
Deutschlands Atomausstieg: Grund zur Sorge
Deswegen müssten die Europäer den Gasverbrauch weiter reduzieren. Vor allem Deutschland steht im Zentrum der Befürchtungen des IEA-Chefs. Den Atomausstieg der Deutschen hält er für besorgniserregend. „Ich wünschte, es gäbe die Möglichkeit, die Laufzeiten bei Bedarf deutlich stärker zu verlängern.“
Außerdem wirft er der Bundesrepublik strategische Fehler vor: „Es war eine falsche Energiepolitik, bei einem strategisch so wichtigen Energieträger wie Gas so lange nur auf ein Land zu setzen“, so Birol in Bezug auf Russland. „Wenn wir jetzt die erneuerbaren Energien anschauen, sehen wir ein ähnliches Bild“ führt der IEA-Chef weiter aus. Die Batterien für Elektromobile würden etwa zu 70 Prozent in China hergestellt. Birol fordert, dass die Europäer kritische Mineralien fördern, um zumindest einen Schritt in Richtung Autarkie zu gehen.