Mehrere Politiker der Grünen fordern in einem „Memorandum für eine andere Migrationspolitik in Deutschland“ einen Richtungswechsel. Sie sprechen sich für „verpflichtende Aufenthaltszonen“ für Migranten an der Grenze aus und beklagen: Deutschland ist auf Migration in vielen Weisen nicht vorbereitet. Zu den Verfassern gehört Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.

Jetzt gibt es Kritik an der deutschen, grünen Migrationspolitik – und das aus der Grünen Partei heraus! Die Gruppe, die sich „Vert Realos“, also „grüne Realos“ nennt, fordert eine Kurskorrektur. Ihr siebenseitiges „Memorandum für eine andere Migrationspolitik in Deutschland“ haben laut „Spiegel“ mehrere Dutzend Politiker unterzeichnet, darunter auch der bayerische Landrat Jens Marco Scherf, der durch seinen Auftritt bei Markus Lanz vor wenigen Tagen bekannt wurde.
„Wir erleben jetzt wieder, dass wir auf diese Migration im Grunde nicht vorbereitet sind“, heißt es in dem Papier. Und das nicht nur materiell: Deutschlamd wisse gar nicht, wie es Einwanderung eigentlich gestalten wolle und was es von Zuwanderern erwarte. „Dieser Zustand gefährdet auf Dauer den Zusammenhalt und den sozialen Frieden in Deutschland“, schreibt die Gruppe. Es fehle ein „Konzept für eine gelungene Integration oder die konsequente Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimat, sobald sich dies verantworten lässt oder sie selbst es wollen“, heißt es in dem Papier. Nötig sei ein Einwanderungsgesetz für Wirtschaftsmigranten. Aber auch „verpflichtende Aufenthaltszonen“ für Flüchtlinge sowohl an den Grenzen als auch außerhalb der Europäischen Union fordern die „Vert Realos“. Asylbewerber ohne Papiere müssten zurückgewiesen werden oder „bis zur Klärung ihrer Identität in einer staatlichen Aufnahmeeinrichtung verbleiben“. Ein Aufenthaltsrecht setze voraus, dass Geflüchtete sich „in die gesellschaftliche Ordnung“ einfügten und Grundwerte wie religiöse Toleranz akzeptierten.
Die Akzeptanz für Einwanderung sinke in Deutschland, betonen die Verfasser des Memorandums. Durch die „bisher verfehlte Migrationspolitik“ und die Weigerung, Fehlentwicklungen offen zu debattieren, werde der „rechte Rand der Gesellschaft und der Parteien“ gestärkt, beklagen Palmer und seine Mitstreiter.
Mit dem Papier wollen die Verfasser einen Diskussionsanstoß geben, heißt es. In ihrer Partei jedoch dürfte diese Diskussion auf wenig Gegenliebe stoßen – machen die Grünen doch sonst eine Migrationspolitik, die diese Probleme negiert oder ignoriert. Und auch Konzepte wie die „verpflichtenden Aufenthaltszonen“ dürften reichlich kontrovers innerhalb der Partei sein.