Aufreger bei der RTL-Dating-Show: Der „Bachelor“ wurde von einer der Kandidatinnen als Schoko-Eis bezeichnet. Diese Anspielung auf seine Hautfarbe hat ihn verletzt. Unsere Autorin meint: Unsere Regierung muss endlich Flirten verbieten!

Schon oft in meinem Leben haben mich Männer neckend als blasses Mäuschen bezeichnet. Ist auch naheliegend: Wenn ich länger nicht im Urlaub war, sieht meine Haut irgendwann so aus, als wäre ich seit Jahren in einem dunklen Turmzimmer eingesperrt worden und hätte dabei nie einen Sonnenstrahl gesehen. Ich führe das selbstverständlich auf bisher unbekannte adelige Vorfahren aus dem Zarenreich oder der britischen Krone zurück, denen so etwas tatsächlich mal passiert ist. Doch das muss ja keiner wissen. Den Männern, die mich damit aufziehen wollten, habe ich deshalb meist irgendeine andere freche Antwort gegeben.
Wie ich jetzt bei RTL gelernt habe, war das nicht der richtige Umgang. Ich hätte einfach „das ist Rassismus“ fauchen und den Typ abschießen sollen. So lernt man es zumindest beim Dating-Format „Der Bachelor“, bei dem dieses Jahr 23 Frauen um das Herz des dunkelhäutigen David Jackson kämpfen. Der 32-jährige „Content-Creator“ kommt aus Schwaben, hat jedoch einen US-amerikanischen Vater, der sich in Sachen Hautfarbe und Haar-Struktur offenbar mehr durchgesetzt hat als die deutsche Mutter.
„Dann nehm ich dich als Schokolade“
Und jetzt ist das passiert, was im Jahr 2023 natürlich gar nicht mehr geht: Eine seiner Herzensdamen hat in einem Flirt eine Anspielung auf seine Hautfarbe gemacht! Das fand David gar nicht witzig. Aber eins nach dem anderen:
In der letzten „Bachelor“-Folge hat David mehrere Frauen gleichzeitig auf ein Date eingeladen. Schließlich fragte er, wer von ihnen denn ein Eis haben wolle. Woraufhin einige Damen überlegten, ob sie lieber Vanille oder Schoko wollen. Dann der Aufreger-Spruch von Kandidatin Saskia – sie deutete auf David und sagte aufgeregt: „Dann nehm ich dich als Schokolade“. Dramatische Pause bei RTL. Die Frauen fangen an hysterisch zu kichern. Saskia entgleist das Gesicht und piepst „das habe ich jetzt nicht gesagt“.
Wer nicht lacht, ist David. In einem Einspieler erklärt er dem Zuschauer: „Den Spruch fand ich ein No go. (…) Ich konnte ihn grad noch so ein bisschen belächeln, weil ich nicht die Stimmung ruinieren wollte in der Gruppe – ich habe mein Ego in dem Moment zurück gesteckt.“
Gespräche wie bei der Paar-Therapie
Er bittet Saskia um ein Vier-Augen-Gespräch. Dort sieht man einen angesäuerten David, der erwartungsvoll Saskia anschaut. Diese erklärt sich, als würden die beiden gerade von einer Paartherapie kommen: „Ich bin ein sehr sarkastischer und humorvoller Mensch und verpacke das so, um mich sicherer zu fühlen.“ Sie wisse aber, dass sie das mal ablegen müsse, weil sie ja „hier“ sei, um „eine Person“ kennenzulernen. David sieht seinen Moment gekommen: „Eine Person oder mich?“, patzt er sie passiv-aggressiv an. „Dich“, antwortet Saskia und fragt sich vermutlich gerade, ob sie diese beleidigte Drama-Queen überhaupt weiter kennenlernen will.
Anscheinend schon. Denn später bittet sie David um ein zweites Gespräch, um zu hören, was er denn inzwischen über die Sache denkt. Was dann folgt, erinnert an jeden klassischen Mann-Frau-Streit in der Geschichte – allerdings in vertauschten Rollen. Wer kennt nicht die Filmszenen, in denen ein Mann seine Frau fragt, was denn mit ihr los sei, und sie sagt „nichts“ – das wiederholt sich dann dreimal, bis sie schließlich sagt: „Ich wiiiiiiiill ja nur mal sagen, dass ich es problematisch finde, wie du…“ – und so weiter.
„Ich als weiße Person habe diese Erfahrungen nicht gemacht“
Beim „Bachelor“ sieht das so aus: David sagt überzogen abgeklärt zu Saskia: „Die Sache mit dem Schokoladen-Eis, das ist eine Sache, die find ich nicht gut – und mir ist es sauwichtig, dir zu sagen, ich verstehe, du willst mich nicht beleidigen.“ So weit das austauschbare Gerede. Dann aber der Angriff: „Ich glaube, da fehlt ein bisschen Aufklärung, vielleicht hast du noch nicht so viel damit zu tun gehabt. (…) Ich habe einfach schon zu viele Erfahrung mit solchen Geschichten gemacht. Ich habe schon zu viel gelitten.“ Ha! Jetzt ist es raus. Saskias „Schoko-Eis“-Kommentar hat David als ganz schlimm rassistisch empfunden und das hat ihn traurig gemacht und das geht nicht.
Saskia lenkt bedrückt ein: „Ich als weiße Person habe diese Erfahrungen nicht gemacht“ – geholfen hat ihr das nichts mehr. Am Ende der Sendung muss sie gehen. Angeblich nicht wegen ihres Kommentars – ja genau, die Film-Frau verlässt ihren Mann ja auch nicht wegen seiner Affäre, wegen der sie nächtelang geweint hat, sondern weil sie nach vielen Jahren endlich zu sich selbst gefunden hat…
Wir brauchen das Antidiskrimierungs-Flirt-Verbot!
Nun aber mal Tacheles: Ich finde, David hat recht. Mit so einem Flirt-Namen ist einfach nicht zu spaßen. Allerdings: Warum problematisieren wir nur Hautfarben-Anspielungen? Was ist mit dem Kosewort „Häschen“? Das ist Speziesismus! Und warum nennen sich Pärchen „Schatz“? Das ist Objektifizierung! Am beste wäre es doch, wenn unsere Bundesregierung ein Gesetz erlässt, das solche Äußerungen verbietet. Nein, besser: Flirten sollte generell verboten werden! Denn wie sonst soll man in unserer modernen Gesellschaft mit solchen alten per se diskriminierenden Kommunikationsformen umgehen? Wir brauchen das Antidiskrimierungs-Flirt-Verbot! Damit sich endlich keiner mehr verletzt fühlt.