
Die Analyse der OECD ist eindeutig: Deutschland fällt zurück. Nicht nur ein bisschen, sondern bis ans Ende der großen Industrie- und Schwellenländer.
2023 werde Deutschland das Land mit der tiefsten Rezession und der höchsten Inflation. Die Wirtschaft schrumpfe um 0,7 Prozent, die Inflation bleibe im gesamten Jahr mit 7,5 Prozent hoch. So steht es im „World Economic Outlook“ der OECD. Die Bundesrepublik, einst der Wachstumsmotor und Stabilitätsanker Europas, droht zum „kranken Mann“ des Kontinents zu werden.
Treiber dieser Entwicklung ist vor allem die Deindustrialisierung des Landes. Deutschland hat im Vergleich der größten Volkswirtschaften der Welt immer noch einen sehr hohen Industrieanteil. In der Berechnung der Weltbank liegt er bei über 30 Prozent, der dritthöchste Anteil weltweit nach China und Russland. In Deutschland ist die Industrie groß, exportstark, wichtig für Arbeitsplätze und Wohlstand. Aber sie ist in ihrer Existenz bedroht. Das jedenfalls ist das Fazit einer Analyse der Forschungsabteilung der Deutschen Bank. Unter dem Titel „Energiekrise trifft Industrie ins Mark“, schreibt der Autor Eric Heymann: „Wenn wir in etwa zehn Jahren auf die aktuelle Energiekrise zurückblicken werden, könnten wir diese Zeit als Ausgangspunkt für eine beschleunigte Deindustrialisierung in Deutschland betrachten.“
Der Zugang zu preiswerter Energie war über Jahrzehnte ein wichtiger Erfolgsfaktor für die deutsche Industrie. Doch diese Zeit ist vorbei. Die aktuelle Gaskrise könne der „strukturelle Gamechanger für den Industriestandort Deutschland sein – und für das deutsche exportorientierte Geschäftsmodell“, schreibt Heymann. Die jüngsten Daten zu inländischen Produktion zeigten, dass der nächste Abschwung nach Corona in den meisten Industriesektoren in Deutschland bereits begonnen habe. Hohe Gas- und Stromrechnungen, eine weltweite Konjunkturabschwächung und eine schlechte wirtschaftliche Stimmung seien die Hauptgründe für den Einbruch. Es drohe eine Depression zu einem Zeitpunkt, an dem die Folgen der Corona-Krise noch nicht überwunden seien.