
Die Twitter-Files gehen in die 6. Runde. Über den Journalisten Matt Taibbi veröffentlicht der neue Eigentümer Elon Musk was sich bei Twitter intern abgespielt hat. Schon in den vergangenen Files wurde die enge Kooperation zwischen Twitter und den US-Behörden, insbesondere dem Heimatschutzministerium und dem FBI deutlich. Doch erst jetzt kommt das wahre Ausmaß der der Zusammenarbeit zum Vorschein. Systematisch wurden Meinungsäußerungen eingeschränkt.
Über 150 E-Mails wurden zwischen dem FBI und den Twitter Trust and Safety-Chef Yoel Roth ausgetauscht. Darunter befinden sich Banalitäten wie das Wünschen eines frohen neuen Jahres doch viele der E-Mails sind von höchster Brisanz. Taibbi bezeichnet die Zusammenarbeit als so eng, dass man meinen könne, Twitter sei eine „Tochtergesellschaft“ des FBI. Das FBI selbst schreibt, dass es „keine Hindernisse“ gegeben habe, auch vertrauliche Informationen zu teilen.
Dem FBI selbst stand eine Task Force von 80 Agenten zur Verfügung, die sich auf die Überwachung von Social Media spezialisiert hatten. Dabei ging es vor allem um mutmaßliche ausländische Einflussnahme und Wahlmanipulation. Ebenfalls involviert in die Überwachung war das Heimatschutzministerium, dass mit Sicherheitsunternehmen und NGOs zusammenarbeitet und Twitter drängte auf eine Mäßigung der Meinungsäußerungen einzuwirken. Teilweise wurden sogar von Regierungen, wie etwa der von Kalifornien, Accounts und Beiträge zur „Moderation“ an Twitter geschickt.
Um ein solches Meldesystem zu etablieren wurden vor allem vom FBI und dem DHS (dem Heimatschutzministerium) zunächst massenhaft Daten gesammelt. Äußerungen, die für fragwürdig gehalten wurden, sendete man anschließend an Twitter. Formuliert wurde dies beispielsweise so: „FBI San Francisco informiert Sie über folgende Accounts“ oder bestimmte Accounts würden „zusätzliches Handeln“ erfordern. Dem Wunsch der Behörden wurde in der Regel unverzüglich nachgekommen. Zahlreiche Accounts wurden auf diese Weise gesperrt und Posts zensiert.
Dies wird noch brisanter, wenn bedenkt wird, wie die Datenmengen über vermeintlich fragwürdige Inhalte gesammelt wurden. FBI, DHS & Co. konnten die massenhaft an Twitter gemeldeten Accounts gar nicht alleine identifizieren. Dazu waren die Kapazitäten der Behörden zu beschränkt. Zu großen Teilen wurde diese Aufgabe an die Gesellschaft delegiert. NGOs und Bürger konnten per Denunziationshotline kritische Beiträge oder Accounts den Behörden melden und die Behörden sendeten diese wiederum zur weiteren Bearbeitung an Twitter.
Durch dieses systematische Vorgehen konnten Meinungsäußerungen auf staatlichen Wunsch im großen Stil eingeschränkt werden. Leidtragende waren oftmals Konservative oder Kritiker einer restriktiven Corona-Politik. Ob dieses Vorgehen mit dem 1. Verfassungszusatz der USA vereinbar ist, der unter anderem das Recht auf Presse- und Redefreiheit schützt, ist mindestens fraglich.