- Beim Flüchtlingsgipfel am Mittwoch wollen die Länder vom Bund finanzielle Unterstützung für die Unterbringung, Versorgung und Integration von Asylbewerbern fordern.
- Die Bundesregierung weckt Hoffnungen auf eine Reform der EU-Asylpolitik.
- Bundesinnenministerin Faeser (SPD) und Finanzminister Linder (FDP) haben sich im Vorfeld für eine Asyl-Vorprüfung an den EU-Außengrenzen ausgesprochen.
„Wir werden für eine verlässliche Identifizierung, Registrierung und Überprüfung von Menschen bereits an den EU-Außengrenzen sorgen“, sagte Faeser dem Handelsblatt. Es werde in Brüssel über Verfahren verhandelt, die noch an der Grenze und nicht erst innerhalb der EU zu raschen Entscheidungen in wenig aussichtsreichen Asylverfahren führen sollen. „Dann können abgelehnte Asylbewerber schnell bereits von den EU-Außengrenzen aus zurückgeführt werden.“Italien und andere Staaten mit Außengrenzen sehen entsprechende Überlegungen allerdings skeptisch, solange es keine verbindlichen, funktionierenden Verfahren für eine Verteilung von Asylbewerbern innerhalb der EU gibt.
Lindner sagte in einer Talkrunde von RTL/ntv: „Ich glaube, dass, um Kontrolle herzustellen, auch der physische Schutz der Außengrenze in Betracht gezogen werden muss“ – etwa durch einen Grenzzaun. Er sei dafür, „wenn zugleich die Möglichkeit humanitärer und qualifizierter Einwanderung rechtlich erleichtert wird“.
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, sagte, Kinder, Schwangere und andere besonders Schutzbedürftige sollten von den Grenzverfahren nach Ansicht der Bundesregierung ausgenommen werden.
Mehrheit der Deutschen für Prüfverfahren an EU-Außengrenzen
Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet laut einer Umfrage das Prinzip, Asylverfahren künftig bereits an den EU-Außengrenzen zu führen – auch wenn die Details einer Umsetzung des Vorhabens noch nicht genau feststehen. Für 79 Prozent geht dieser Vorschlag in die richtige Richtung, für jeden Zehnten (11 Prozent) in die falsche Richtung. Das ergab eine repräsentative Umfrage von Infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend.
Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein sprach sich gegenüber dem Handelsblatt dafür aus, die Finanzierung der Flüchtlingskosten durch den Bund künftig an der Zahl der Neuankömmlinge auszurichten. „Der Bund muss zu einer sogenannten Spitzabrechnung zurückkehren, das heißt: Statt mit einer Pauschalsumme für die Länder wird wieder pro Kopf abgerechnet“, forderte der CDU-Politiker. Je mehr Flüchtlinge kämen, desto mehr Geld gebe es.
Eine monatliche Pauschale in Höhe von 670 Euro pro Kopf hatte es bis Ende 2021 für die Dauer des Asylverfahrens gegeben. Der Bund verweist allerdings auf andere Maßnahmen, die eine finanzielle Entlastung von Ländern und Kommunen nach sich ziehen. Beispielsweise müssen die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine kein Asylverfahren durchlaufen und haben gleich Anspruch auf Bürgergeld oder andere Sozialleistungen, für die der Bund aufkommen muss. Die Kosten für noch nicht anerkannte Asylbewerber tragen Länder und Kommunen.
Seit Jahresbeginn haben in Deutschland rund 100.000 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt. Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) am Freitag mitteilte, zählte die Behörde im April 19.629 Erstanträge. In den Monaten Januar bis März waren laut Bamf 80.978 formale Schutzersuchen gestellt worden. Im Gesamtjahr 2022 hatte das Bundesamt 217.774 Asylerstanträge entgegengenommen.