Alaaf, Helau, Alä, Hex, Meck oder Knolli. Es ist Februar und in Deutschland ist das Faschings-Fieber ausgebrochen. Und ebenso vielfältig wie die Narrenrufe, so vielfältig sind auch die Verkleidungen. Man verkleidet sich als Hexe oder Pirat, andere als Meerjungfrau oder Prinz. Manche kostümieren sich aber auch als Chinese, als Afrikaner oder gar als Indianer. Genau das ruft Linke, Wokisten und den öffentlich-rechtlichen-Rundfunk auf den Plan, die allerorten „Rassismus“ und „kulturelle Aneignung“ wähnen.

Auf dem Youtube-Kanal recap, der zum MDR gehört, empörte man sich etwa über die bayerische Ortschaft Dietfurt. Der Chinesenfasching in der Kleinstadt mit 6.000 Einwohnern feiert in diesem Jahr seinen 95. Geburtstag. Rund 1.100 Bürger verkleiden sich mit traditionellen ostasiatischen Gewändern. Seit 1928 ist der Chinesenfasching Tradition und lockt bis zu 25.000 Besucher in die Kleinstadt. Doch nun gerät der Ort in das Fadenkreuz des MDR. In der recap-Sendung wird ein Tik-Toker mit chinesischen Wurzeln eingespielt, der zu dem Chinesenfasching folgendes zu sagen hat: „Eine solche Feier, die noch nicht mal von chinesischen Menschen organisiert wird, ist einfach problematisch und rassistisch“. Eine andere Tik-Tokerin mit dem Namen Lin Yi spricht in diesem Zusammenhang von „Rassismus“, „Culture Appropriation“ und „Yellow Facing“.
Nur in China selbst hält man die Kleinstadt Dietfurt offenbar für ganz und gar nicht rassistisch und mit der angeblichen „kulturellen Aneignung“ hat man auch kein Problem. Ganz im Gegenteil: Die südchinesische 8 Millionen-Metropole Nanjing hat eine Partnerschaft mit dem 6.000-Seelen-Ort Dietfurt. Sogar chinesische Delegationen hat man im bayerischen Ort schon empfangen.
Doch in der Sendung wird noch weiter Stimmung gegen den Karneval gemacht. In einem Einspieler lässt man den Betreiber des Youtube-Kanals “Kanackische Welle” zu Wort kommen. Er meint: „Es gibt eine Tradition hier in unseren Breitengraden Kindheitserinnerungen, wohlige Momente auf Kosten der rassistischen Degradierung von anderen Volksgruppen, die nicht weiß sind, zu haben”. Das “Blackfacing” sei hier ein klarer Fall von Rassismus urteilt recap.
Dass die künstliche Dauerempörung gegen den angeblich rassistischen Karneval durchaus von Erfolg gekrönt sein kann, zeigt ein Fall aus Hessen. Die Leitfigur der „1. Ober-Mörlener-Karnevalsgesellschaft Mörlau“ ist ein Mohr. Nach einem Empfang der Karnevalsgesellschaft beim hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein, empörten sich mehrere linke Gruppen über die schwarz angemalte Person. Der Verein erklärte nun künftig auf den Mohren zu verzichten, wie es in der hessenschau heißt.
Warum die Menschen nun solche “rassistischen” Stereotypen an Karneval bedienen, auf diese Frage hat man bei recap keine Antwort gefunden. Doch zum Ende des Videos will die Kulturwissenschaftlerin Nina Reuter den Narren noch unbedingt einen Denkanstoß mit auf den Weg geben: „Stellen sie sich vor: Fasching 2023. Es kommen ausländische Touristen und die verkleiden sich als Hitler oder die Waffen-SS und gehen damit auf Faschingsumzüge, was meinen sie wie schnell sich dann die Entrüstung darüber ausbreiten würde, darüber wie respektlos das wohl wäre. Das sind genau solche Spiegel, die meines Erachtens fehlen.”
Der Vergleich ist an Absurdität und Gehässigkeit kaum zu überbieten. Niemand hätte etwas dagegen, wenn sich Araber als Bismarck oder als Hänsel und Gretel verkleiden. Wenn sich Deutsche als Sultan verkleiden, ist dies ebenso völlig unproblematisch. Wenn Eltern ihre Kinder jedoch in eine Hitler-Kostümierung stecken oder sie als Salafist mit Sprengstoffgürtel verkleiden, würde dies völlig zurecht einen Aufschrei herbeiführen – und zwar ganz gleich welcher Herkunft die Kinder sind.
Gerade an Karneval sind Rede- und natürlich die Narrenfreiheit oberstes Gebot. Millionen lassen in der fünften Jahreszeit den gewohnten Alltagstrott hinter sich und schlüpfen hinter eine Maske. Gerade diese Maskierung, diese Anonymisierung ermöglicht es unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Wer den Narren vorschreiben möchte, was sie zu tun und zu lassen haben, wie man sich kleiden darf und wie nicht, der ist ein Feind der Freiheit und hat Karneval nie verstanden.