
Kommentar von Jerome Wnuk
Argentinien ist Weltmeister. In einem packenden Finale gegen Frankreich hat das Team rund um Superstar Messi seine grandiose Leistung gekrönt. Argentinien hat alles richtig gemacht. Doch in der ARD kritisiert man den verdienten Weltmeister für ein Teil ihres Erfolgsrezepts: Seine politische Zurückhaltung.
Es ist Fußball-Romantik pur: Lionel Messi kann in seinem letzten WM-Turnier doch noch seinen großen Traum vom Weltmeister-Titel wahr machen. Fast jeder gönnt es ihm, Hunderttausende jubeln ihm im Stadion oder vor dem Fernseher zu. Argentinien hat alles richtig gemacht. Sie haben ein Team aus Kämpfern gebaut – Leidenschaft, Teamgeist und Standhaftigkeit. Argentinien hatte all das, was der Deutschen Nationalmannschaft in diesem WM-Turnier gefehlt hat. Kein Wunder also, dass das eine Land mit lächerlichen Gesten schon in der Vorrunde nach Hause fahren musste und das andere die Begeisterung der Welt für sich erobert hat.
Der unerträgliche Schmollmund
Die Deutsche Medienlandschaft zieht genau deswegen jetzt einen Schmollmund. Auch hierzulande war der Jubel für Argentinien durchaus groß. Nicht zur Freude der ARD.
Während also die Jubelbilder der Argentinier über den Bildschirm flimmern und einem Fußballfan warm ums Herz wird, formuliert ARD-Kommentator Tom Bartels kryptisch seine Anklage: „Die Themen, die wir hier in Deutschland hatten, hatten die Argentinier nicht vor der WM. Zeichen setzen, sich intensiver mit Menschenrechten auseinandersetzten, das war dort nicht das Thema. Dafür sind jetzt die Kinder bei Lionel Messi.“
Ja, die unsympathischen Argentinier die sich statt um ein Zeichen für Menschenrechte lieber um Fußball gekümmert haben. Wir Deutschen haben das ja vorbildlich gemacht.
Inzwischen sollte auch der Letzte gemerkt haben, dass Deutschland sich durch Pseudo-Aktionen und -Diskussionen selbst ins Abseits gestellt hat. Um aber die athletische Unterlegenheit zu verdauen, versucht man jetzt verzweifelt sich als moralisch überlegen darzustellen. Schließlich würden sich die Argentinier ja nicht um die Menschenrechte kümnmern. Es ist nur noch lächerlich.
Die Nationalspieler des Weltmeisters haben sich selbst nicht als politische Akteure verstanden und das Turnier in Katar angenommen ohne über Regenbogenbinden und Zeichen gegen Katar zu debattieren. Sie wollten nicht mit moralischer Überlegenheit glänzen, sondern mit athletischer Brillanz. Das Ergebnis: Sie sind Weltmeister, auch für die Menschen in ihrem Heimatland. Deutschland steht als Verlierer da. Als Land, das sich in moralischer Überlegenheit fühlt, aber die nötigen Tugenden verloren hat. Auch jegliche politische Botschaften über die sich der DFB den Kopf zerbrochen hat, werden überstrahlt von der Lächerlichkeit des sportlichen Abschneidens. Das Resultat ist Hohn.
Deutschland muss sich endlich von diesen besserwisserische Attitüden verabschieden und einsehen, dass eine Mannschaft, die für politische Statements missbraucht wird und sich den Kopf nicht über Taktik, sondern über Kapitänsbinden zerbricht, nicht Weltmeister werden wird.