„Kinder sind keine Schutzschilde“ hieß es in den vergangenen Jahren, sobald Minderjährige auf Protesten gegen die Corona-Maßnahmen gesehen wurden. Bei den aktuellen gewaltsamen Ausschreitungen in Lützerath sind ebenfalls zahlreiche Kinder anwesend – ohne dass breite Empörung aufflammt. Der Ehrenvorsitzende der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, findet dazu klare Worte: „Kinder haben in Lützerath nichts verloren.“
Mit verängstigten Augen blicken die beiden Kinder sich um, man merkt ihnen an, wie überfordert sie mit der Situation sind: Unsere Reporter haben in Lützerath mit einem Vater gesprochen, der dort an der Besetzung des Kohleabbaugebiets teilnimmt – gemeinsam mit seinen Kindern.
Obwohl Molotow-Cocktails fliegen, Polizisten mit Steinen angegriffen werden und Gewalttäter Barrikaden errichten, lässt die große Empörung über die Anwesenheit der Minderjährigen bislang auf sich warten.
Während die Polizei vor Ort eindringlich an die Eltern appelliert, ihre Kinder aus der Gefahrenzone zu bringen, äußert die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckart, Verständnis für die gewaltsamen Proteste: „Ich teile die Hartnäckigkeit, mit der die Demonstrierenden mehr Klimaschutz fordern. Keine Generation kann sich Nichtstun erlauben“, schreibt die Grüne auf Twitter. Kein Wort dazu, dass Minderjährige zwischen die Fronten geraten könnten.
Dabei lassen die Worte der Polizei keinen Deutungsspielraum: „In Lützerath befinden sich Kleinkinder. Aufgrund weitreichender Gefahren im Einsatzraum, appelliert die Polizei Aachen an die Erziehungsberechtigten, den Bereich umgehend mit ihren Kindern zu verlassen“, schreiben die Beamten der Polizei Aachen auf Twitter.
Der Ehrenvorsitzende der Kindervertretung der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, findet dazu klare Worte: „Kinder haben in Lützerath nichts verloren“, sagt er gegenüber Pleiteticker.de. „Eltern haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Kindern. Wenn erkennbar ist, dass sie verletzt werden können, machen die Eltern sich strafbar nach dem Strafgesetzbuch.“ Bei Eskalationsstufen wie der in Lützerath sei absehbar, dass Kinder und Jugendliche zwischen die Fronten geraten und Reizgas abbekommen könnten, oder bei einem Schlagstockeinsatz verletzt würden.
Als unser Reporter vor Ort den Mann fragt, ob er den Ort für seine Kinder nicht unpassend findet, antwortet dieser, die Polizei habe ihnen keine Möglichkeit gegeben, den Ort zu verlassen. Zuvor posierte die Familie noch für ein Foto: Eine Frau, der Mann mit einem Baby in einer Trage, vor ihnen die beiden Kinder, die ein Schild halten. „Schulstreik für Lützi“, steht darauf.
Kinderschützer Becker findet es grundsätzlich unproblematisch, wenn Kinder an friedlichen Demonstrationen teilnehmen. „Das gehört zum Lernen von Demokratie dazu.“ Wenn allerdings mit Ausschreitungen zu rechnen sei, könne das negative Auswirkungen haben. „Kinder können traumatisiert werden. Außerdem könnten die Erlebnisse zur Ablehnung des Staates und seiner Einrichtungen führen. Im Extremfall können das die Extremisten von morgen werden“.