
Während Elon Musk die internen Mechanismen von Twitter offenlegt, überlegt Bundeskanzler Olaf Scholz, sich von der Plattform zurückzuziehen. „Der Bundeskanzler und das Bundespresseamt sehen sich die Entwicklung von Twitter seit der Übernahme durch Elon Musk sehr genau an”.
Mit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk ist die Zukunft der Plattform ungewiss. Nach vielen Entlassungen und Gerüchten über eine mögliche Insolvenz erklären immer mehr Personen des öffentlichen Lebens, sich von der Plattform abzumelden. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz überlegt nun diesen drastischen Schritt. Man werde die Plattform allerdings nicht sofort aufgeben, sondern zunächst nach einer Alternative suchen, so der Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Als Begründung führt Heberstreit die problematischen Entwicklungen auf Twitter an, die „immer größere Blüten treiben würden.”
Mithilfe von unabhängigen Journalisten deckt Elon Musk derzeit die internen Vorgänge von Twitter auf. In der vierten Auflage der „Twitter Files” veröffentlichte der Journalist Michael Shellenberger die Hintergründe zur Sperre des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Wie aus internen Nachrichten klar wird, verletze Twitter seine eigenen Regeln, um Donald Trump zu sperren. Mandatsträger wie Donald Trump genießen auf Twitter mehr Freiheiten als der Durchschnittsnutzer. Denn Tweets von Mandatsträgern sind auch erlaubt, wenn sie Twitter Regeln brechen, sofern „es direkt zum Verständnis oder zur Diskussion einer Angelegenheit von öffentlichem Interesse beiträgt”.
Bereits in vorherigen Enthüllungen wurde die intensive Zusammenarbeit mit US-Behörden sowie die Mechanismen, mit denen Reichweite und Sichtbarkeit von unliebsamen Accounts eingeschränkt wurde, veröffentlicht. Bisher leugnete Twitter, Nutzer durch sogenanntes „shadow banning” (zu dt. in etwa „heimliches Verbannen”) einzuschränken. Durch die „Twitter Files” wurden allerdings die unterschiedlichen Mechanismen bekannt. Unter anderem wurden die Tweets des Lockdown-kritischen Stanford Professor Dr. Jay Bhattacharya aus den Trends gehalten. Dadurch wurden seine Reichweite und die Möglichkeit, neue Nutzer zu erreichen, massiv eingeschränkt. Auch andere, vor allem konservative Nutzer waren von ähnlichen Einschränkungen betroffen.
Durch die Übernahme durch Musk fallen diese Einschränkungen weg. Die Rückkehr der Meinungsfreiheit und des öffentlichen Diskurs scheint vielen jedoch Sorge zu bereiten. Der Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil hat sich bereits von Twitter zurückgezogen. Er führt als Begründung „fehlende Kontrollen und mangelnde Verifizierungen” an, welche laut seiner Einschätzung zu einem Anstieg in der „Verbreitung von Hass und Hetze, Falschinformationen und Verschwörungserzählungen” führen.
Mit der Entscheidung, sich von Twitter zurückzuziehen, versuchen Politiker und andere Personen des öffentlichen Lebens die Plattform zu delegitimieren. Die Erzählung über den ominösen Hass und Hetze wird dabei immer wieder als Grund angeführt. Dass damit häufig auch Regierungskritik gemeint ist, wird dabei gerne verschwiegen. Da diese nun nicht mehr kontrolliert und eingeschränkt wird, muss schlichtweg die gesamte Plattform delegitimiert und als Ort der Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt werden.