- Nach dem Platzen des Investoren-Deals droht nun unsere Bundesliga, wie wir sie kennen und lieben, zu zerreißen.
- Die Erstligisten könnten sich nach dem Vorbild Englands von der DFL abspalten und separat von der Zweiten Liga ihre Fernsehrechte verkaufen oder über Investoreneinstiege verhandeln.
- Es geht um eine historische Entscheidung: Wettbewerbsfähigkeit mit dem Ausland oder Fairness innerhalb der Deutschen Ligen.
Am Mittwoch stimmten die Erst- und Zweitligisten der Bundesliga gegen den Investoren-Plan der DFL. Der geplatzte Deal war ein historisch einmaliger Versuch, die Liga an die fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballs anzupassen: Ziel der Deutschen Fußball Liga (DFL) war es, frisches Kapital in Höhe von rund zwei Milliarden Euro durch den Einstieg eines Investors zu erhalten. Geld, dass für die Moderniesierung und die Wettbewerbsfähigkeit der Vereine hätte verwendet werden sollen. Die nationalen und internationalen Medienrechte wären dafür in eine Tochtergesellschaft namens „DFL MediaCo GmbH & Co. KGaA“ ausgelagert geworden. Der strategische Partner (Investor) hätte 12,5 Prozent für eine Laufzeit von 20 Jahren an diesem neuen Unternehmen erworben.
Nun wurde der Deal am Mittwoch nach wochenlangem Werben der DFL und Streit zwischen Vereinen und Fans abgelehnt. 20 der 36 Vereinen stimmten in Frankfurt bei der Abstimmung für den Investoren-Plan der DFL – eine Mehrheit, jedoch nicht die benötigte Zwei-Drittel-Mehrheit. Der Investoren-Plan ist damit vom Tisch.
Und genau diese Entscheidung wird jetzt zur Existenzbedrohung für die Bundesliga! Denn das Szenario, dass sich die Bundesligisten jetzt von den anderen deutschen Fußballligen lossagen – so wie zum Beispiel in England – ist nun realisitischer denn je.
Die große Spaltung
„Ich glaube an ein sehr unterschiedliches Abstimmungsverhalten zwischen erster und zweiter Liga“, sagte Hans Joachim Watzke, BVB-Chef und Präsidiumssprecher der DFL. „Jetzt, wo es nicht erwünscht ist, soll uns in nächster Zeit niemand mehr mit Solidaritätsthemen kommen. Solidarischer als wir kann man nicht sein.“ so Watzke. Weiter: „Wir haben der Liga den ausgestreckten Arm gereicht, wir hätten definitiv den größten Beitrag leisten müssen und hätten ihn auch geleistet. Die größeren Klubs werden sich sicherlich Gedanken machen, wie es für sie weitergeht.“ Die Drohkullise ist eindeutig: Wir wollten solidarisch sein, ihr habt’s uns versaut- jetzt machen wir’s allein. Ihr könnt ja schauen wo ihr bleibt.
Tatsächlich ist der Streit um den Investoren-Plan auch einer zwischen Erstligisten und Zweitligisten. Sorge, die geplante Verteilung der Mehreinnahmen, die sich ähnlich wie bei den TV-Erlösen an den Tabellenplätzen der Vereine orientieren soll, würde die Schere zwischen den Klubs noch weiter auseinander bringen, merkten die benachteilgten Zweit-Ligisten stets besonders kritisch an.
Nun könnte es für diese Vereine aber noch übler kommen: Für die größer aufgestellten Bundesligisten, die ihren Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Geschäft haben, die sehen, dass der Deutsche Fußball finanziell den englischen, den spanischen Clubs immer mehr hinterherhängt, könnte das Nein der Zweitligisten zum Investor der Grund für ein Bruch sein.
Keine Wettbewerbsgleichheit mehr
Der Versuch der DFL und vieler Erstligisten den Investoren-Plan eben möglichst auch an diesem Solidaritätsprinzip anzupassen ist gescheitert. Deshalb ist nun durchaus realistisch, dass die Bundesliga, angeführt von den beiden großen Vereinen FC Bayern München und Borussia Dortmund, sich von der DFL und damit auch der Zweiten Bundesliga abspaltet.
Die Bundesligisten könnten ihren eigenen Verband gründen und dem DFB beitreten. Ein extrem folgenreicher Schritt: Die Bundesliga könnte dann unabhängig von der Zweiten Bundesliga ihre Fernsehrechte verkaufen und ein Investor anwerben. Das würde die Wettbewerbsfähigkeit mit England und Spanien sichern, die 2. Liga aber um Welten ins Hintertreffen bringen.
Die 2. Ligisten würde das nämlich sehr viel Geld kosten. Ihre TV-Rechte haben bisher einen Wert von 80 Millionen Euro. Durch Ausgleichszahlungen der Bundesliga kommt die 2. Liga auf rund 240 Millionen Euro. 160 Millionen würden einfach wegfallen und von der Mehreinnahmen durch Investoren in der Bundesliga würden Sie nichts erhalten. Auf einmal wäre eine riesige finanzielle Kluft zwische Liga 1 und 2. In England ist das schon seit Jahren so. Die „Premier League“ und die zweite „EFL Championship“ verkaufen ihre Rechte separat. Entsprechend groß ist der Unterschied zwischen Giganten wie Manchester United, City oder Chelsea und kleineren Teams wie Fulham, Millwall oder Leeds. Egal wie gut diese Teams wirtschaften und zwischenzeitig spielen – sie werden langfristig nie mehr, nicht mal im Ansatz, mit den Großen mithalten können. Vielleicht mal für eine Saison, wenn alles gut läuft, aber nicht über 10 oder 20 Jahre.
Das wäre in der Bundesliga dann auch so: Zweitligisten, große, traditionsreiche Vereine wie Hannover, Kaiserslautern, nächste Saison Hertha BSC und womöglich Schalke 04 würden mit dem Etat, den die Erstligisten aus den separat verkauften Fernsehrechten und den möglichen ligainternen Investor nicht mehr mithalten können. Die großen Teams wie Bayern oder Dortmund, die am meisten Geld erhielten, wären dadurch für kleinere Mannschaften zukünftig nicht mehr zu erreichen.
Der erste Schritt zur „Super League“
Der Bruch könnte aber noch größere Tragweite habe: Denn zukünftig wäre vielleicht noch mehr nötig, damit deutsche Teams wettbewerbsfähig bleiben. Es ist möglich, dass große Vereine wie Dortmund und Bayern zukünftig ganz aus der Bundesliga aussteigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Schon mehrmals in den letzten Jahren ploppt etwa das Konzept einer europäischen „Super Liga“ auf – eine Liga, in der die besten Teams Europas spielen. Die Fernsehrechte würden den Teilnehmern der Liga Milliarden bringen, die finanzielle Kluft aber nochmal gigatisch vertiefen. Borussia Dortmund würde dann nicht mehr gegen Schalke oder Bochum in der Bundesliga spielen, sondern in einer Liga mit Real Madrid und Paris St. Germain. Ein Horror-Szeario für die allermeisten deutschen Fußballfans.
Treffen die Bundesligisten jetzt die Entscheidung sich abzuspalten, um damit wettbewerbsfähig zu bleiben, könnte dies das Tür und Tor für den Schritt öffnen, die Bundesliga irgendwann ganz zu verlassen.
Eine Entscheidung über die Zukunft
Es ist nun die Abwegung der Bundesligisten zwischen Solidarität, dem Weiterführen des Mythos, dass in der Bundesliga potenziell jeder Verein um die begehrten Tabellenplätze spielen kann und der Zukunft im internationalen Geschäft.
Angesichts der Entwicklung im Ausland scheint man vor einem Dilemma zu stehen: Will man mit dem internationalen Geschäft mithalten, dann muss man Werte wie Solidarität zwangsläufig über Bord werfen. Lehnt man den modernen, kommerzialisierten Fußball ab, dann wird man zukünftig international nicht mehr mithalten können.
Das Duell zwischen Fußballkultur und Kommerz war schon immer Zündstoff für Fans, Ultras und den ganzen Fußball Deutschlands – nun scheint es auch die Existenzfrage für die Zukunft der Liga zu sein. Es ist gut möglich, dass der sehnlich erwartete letzte Spieltag am Samstag, auch der letzte Spieltag sein wird, wo Bundesliga und Zweite Bundesliga unter einem Dach Fußball spielen.