Pleiteticker-Kommentar
Von Max Roland

Bei kaum einer Regierung der letzten Jahre klafften Anspruch und Wirklichkeit, Schein und Sein so auseinander wie bei der Ampel-Koalition. Kanzler und Minister sind Weltspitze, wenn es um die Selbstdarstellung geht – doch Deutschland braucht echte Politik statt Schaufenster-Scharlatane.
„Was ich nicht gerne mache, sind diese Inszenierten Bilder von Macht“ – so äußerte sich Robert Habeck im Sommerinterview 2020. Schon damals, vor über zwei Jahren, war der damalige Grünen-Chef für seine PR-Fotos zum Gespött der Öffentlichkeit geworden. Habeck nachdenklich in einer leeren U-Bahn, Habeck, wie er auf einer Wiese liegt und mit Pferden kuschelt, Habeck barfuß im Wattenmeer. Echt ist daran nichts.

Habeck auf Wahlkampftour im Wattenmeer – schon damals war Inszenierung sein Geschäft
Aber diesen Stil hat er auch im Amt beibehalten – nun hat er auch die Macht, mit der er sich inszenieren kann. Schwungvoll wirft sich der Minister seine Marken-Reisetasche über die Schulter, in der anderen Hand trägt er eine Anzugtasche. Im Hintergrund wartet auf nassem Asphalt der große Airbus der Flugbereitschaft – das schwarz-rot-goldene Design ist klar sichtbar. so beginnt eine Insta-Story über Habecks Nah-Ost-Reise Anfang Juni. Das nächste Bild zeigt Habeck in Nahaufnahme, im Kreis seiner Mitarbeiter auf dem Weg nach Tel Aviv. Auch hier nur eine Armlänge Abstand zum Fotografen, Kamera auf Augenhöhe. Das dritte Bild zeigt ihn mit Lederjacke am Fenster, die Lesebrille in der Hand. Ganz vertieft blickt Habeck in einen Haufen Papiere. Geht eigentlich mehr Inszenierung von Macht? Das Bild, das so auch aus der amerikanischen Präsidentenmaschine „Airforce One“ stammen könnte, schreit: Ich bin Wichtig.

Wer den Instagram-Auftritt von Robert Habeck verfolgt, stößt nur auf solche Bilder. Die Botschaft: Der wichtigste Minister aller Zeiten ist weltweit im Einsatz. „Die Ausstrahlung eines Antreibers, gepaart mit Nähe und Empathie, das Aussprechen unangenehmer Wahrheiten in Kombination mit dem Willen zum Aufbruch – das macht die Perfomanz eines Robert Habeck augenblicklich so erfolgreich“, schreibt PR-Berater Jost Listemann über die Social-Media-Arbeit des Ministers. Sicher ist: So sieht sich Habeck auf jeden Fall gerne. Genau dieses gestellt Authentische, angeblich Nahbare und gestellt Echte zeugt in Wahrheit von einer Arroganz, die angeblich keine sein soll. Wie eitel Habeck ist, zeigt sich immer wieder, und das nicht nur an seinem Social-Media-Auftritt. Wenige Stunden, nachdem er sich in der Kanzlerkandidatur-Frage Annalen Baerbock geschlagen geben musste, führte er ein emotionales Zeit-Interview. Wie er sich mit seinem Verzicht auf die Spitzenkandidatur fühle und wie er diese Niederlage verarbeitet habe. „Ich werde diesen Kampf nicht von der Spitze aus führen, wie ich es wollte. Das ist der bittere Teil“, sagte Habeck. Viele interpretierten dieses Interview positiv: Endlich ein Politiker, der ehrlich über seine Gefühle spricht! Tatsächlich erkennt man nur einen eitlen Mann, der seine Innenwelt für so wichtig hält, dass er sie in einer großen Wochenzeitung vor der deutschen Öffentlichkeit breittritt.
Dabei steht Habeck symbolisch für eine Bundesregierung, die den Schein vor das Sein stellt. Schon in den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen inszenierte die Ampel sich als Regierung neuen Stils – mit vielen Selfies und Bekenntnissen zu einer „neuen Form des Arbeitens“. Olaf Scholz inszenierte sich nach den müden Merkel-Jahren als führungsstarker Kanzler: „Wer Führung bestellt, bekommt sie auch“. Was ist davon geblieben? Gar nichts. Die Ampel zerstreitet sich mittlerweile genauso wie die GroKo vor ihnen. Und „Führungskanzler“ Olaf Scholz fällt seit Monaten vor allem durch einen grauen, schwachen Schlingerkurs auf.
Da helfen auch Inszenierungen des Gegenteils nicht. Diese Woche ging ein Foto vom G20-Gipfel durch die Medien. Es soll die Staatenlenker des Westens im Moment der Krise zeigen – besonnen, gemeinsam, handlungsfähig.

Süddeutsche, FAZ, BILD – alle druckten die Aufnahme ab. Zentrale Figur des Bildes, so scheint es: Olaf Scholz. Alle Augen scheinen auf den Bundeskanzler gerichtet. Biden, Sunjak, Macron – die Mächtigen der Welt lauschen gespant, was er zu sagen hat. So soll es wirken – doch so ist es nicht. Denn die angeblich authentische Momentaufnahme wurde von Scholz’ Pressesprecher Steffen Hebestreit inszeniert. Dass unser Bundeskanzler tatsächlich der Dreh- und Angelpunkt der westlichen Welt in diesem Moment war, ist zu bezweifeln – immerhin war er es in neun Monaten Ukraine-Krieg auch nicht. Schon wieder passen Darstellung und tatsächliches Handeln nicht zusammen – wie so oft bei dieser Ampel-Regierung.