Von Pauline Schwarz
Die rasant ansteigenden Energiepreise machen auch Zoos zu schaffen. Im Gespräch mit Pleiteticker.de ordnet jetzt der erste Zoo-Direktor eine „Wärme-Triage“ für seine tierischen Bewohner an. Im Hofer Zoo werden die Tiere nun teilweise in andere Gebäude gebracht und Zoo-Chef David Pruß wird wohl bald mit der Entscheidung konfrontiert, von welchen „wärmebedürftigen Arten“ er sich trennen muss.
Gerade, nachdem sich der Hofer Zoo halbwegs von den Einnahmeeinbußen und Einschränkungen während der Corona-Pandemie erholt hat, trifft den 1954 gegründeten Tiergarten der nächste Tiefschlag: Energie-Mehrkosten von 55.000 Euro bis Mai 2023. Für den kleinen Zoo, der durch seinen hohen Energieverbrauch bei den Stadtwerken die gleichen Konditionen wie ein Wirtschaftsunternehmen bezahlen muss, könnte das nun ernste Konsequenzen haben.
„Was jetzt im Zoo passiert, ist eine Wärme-Triage“, sagt Zoo-Direktor David Pruß zu Pleiteticker.de „Uns stellt sich die Frage, welche Heizung brauchen wir und wenn wir sie brauchen, in welcher Intensität.“
Das führt laut Pruß zum Beispiel dazu, dass die Kronenkraniche ihr gewohntes Außengehege verlassen müssen. Die gefährdete Vogelart muss nun in das europaweit einzigartige Savannenhaus umziehen – das einzige Gebäude, das noch annähernd auf seine normale Temperatur geheizt wird, ein Wärme-Hotspot im Zoo. Auch das Bürstenschwanz-Rattenkänguru soll dorthin verlegt werden – dafür muss der weitgehend nachtaktive kleine Beutelsäuger extra seinen Tag-Nacht-Rhythmus umstellen! Die Überführung erfolge laut Pruß natürlich unter Hinzuziehung von Experten und Tierärzten, aber es wäre doch „schöner für die Tiere, wenn man das nicht machen muss“.
Zoo-Direktor Pruß berichtet gegenüber Pleiteticker.de, dass auch die jüngsten Gäste sich Gedanken machen: „Die Kinder kriegen das auch mit, die fragen auch, wie es weitergeht – ob alle Tiere bleiben können.“ Eine Frage, die David Pruß künftig nicht mehr einfach mit Ja beantworten kann. Der Zoo hat eine Fürsorgepflicht für die Tiere und „die wird uns diesen Winter teuer zu stehen bekommen“. Man werde kein Tier frieren lassen, „das wird nicht passieren“. Deshalb müsse man sich unter Umständen von „wärmebedürftigen Arten trennen“.
Tiere abzugeben, das wäre für den kleinen bayerischen Zoo fatal. Zum einen müsse man darauf achten, seine Attraktivität nicht zu verlieren, „die Leute kommen schließlich nicht, um sich nur Meerschweinchen anzuschauen“. Außerdem habe man einen Bildungsauftrag. Die Sonnensittiche zum Beispiel seien Botschafter für den schwindenden Regenwald, womit auch ein Beitrag zum Naturschutz geleistet werde. Zoo-Chef Pruß und seinem Team liegen die Tiere aber auch persönlich am Herzen. „Das sind alles Persönlichkeiten“ – da wäre zum Beispiel Lisa, eine 22 Jahre altes Aguti. Aufgrund ihres hohen Alters ist die Nagetier-Dame taub und blind – sie wird ihren Lebensabend in jedem Fall in ihrem Gehege im Savannenhaus verbringen, denn sie besitzt Altersschutz.
Die Zukunft der anderen Zoo-Bewohner könnte ungewiss sein. Den Zoo ganz zu schließen, wäre für den Tierarzt Pruß die allerletzte Option, es werde aber „sicherlich zu Kurzarbeit kommen müssen“. Ein Instrument, dass der Zoo während der zwei Corona-Jahre nicht benötigt hat.
Sollte der Zoo dicht machen müssen, wäre das ein herber Verlust für die Region: Etwa 75.000 Besucher kommen pro Jahr nach Hof, um sich die Kängurus, Stachelschweine oder die freilaufenden Weißbüscheläffchen anzuschauen. Und dass, obwohl der relativ beschauliche Ort nur 46.000 Einwohner hat.
Diese tierische Erfolgsgeschichte ist jetzt durch die massiv gestiegenen Energiekosten und die Inflation massiv bedroht.