Die Grünen wollen das Autofahren im Berliner Gräfekiez komplett verbieten und schaffen dafür „vorerst“ 400 Parkplätze ab. Pleiteticker.de war vor Ort und hat bei der Auftaktveranstaltung mit Anwohnern gesprochen – die sind alles andere als begeistert.
Nirgendwo in Deutschland wird der Kampf gegen das Auto so gnadenlos vorangetrieben wie in Berlin – hier gibt es inzwischen alles: temporäre Spielstraßen in permanenten Spielstraßen, Verkehrsadern die zu autofreien Einkaufsstraßen werden und Parkplätze, die sich in hölzerne Sitzinseln oder Blumenkübel verwandeln. Letzteres droht nun auch dem Kreuzberger Gräfekiez. Allerdings geht es hier nicht um ein paar einzelne Parkflächen, sondern um 400 Parkplätze – die Anwohner sind davon alles andere als begeistert.
Nach Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung im Juni 2022 sollten ursprünglich alle 20.000 Anwohner des Kiezes von ihren CO2-Schleudern befreit werden – um die 2.000 Parkplätze wären dann wegfallen. Nach einer rechtlichen Prüfung entschied man sich laut Bezirksstadträtin Annika Gerold (Grüne) jedoch seine steinzeitlichen Pläne „vorerst“ lieber schrittweise umzusetzen. Man erwartete wohl rechtliche Auseinandersetzungen mit Gegnern des Projektes.
Die Grünen kennen die Lebensrealität der Bürger nicht
Deshalb trifft es also „nur“ 400 Parkplätze – deren trauriges Ende am Samstag mit der Veranstaltung „Hey Gräfekiez – Schrittweise mehr Platz“ eingeläutet wurde. Auf dem Gräfestraße Ecke Böckhstraße aufgebauten „Markt der Möglichkeiten“ sollten die Anwohner und Gewerbetreibenden ihre Ideen zur Umgestaltung der Stellflächen einbringen. Anders als die Initiatoren des grünen Bullerbü-Projektes wohl erwartet hatten, kamen viele Bürger, die mit dem Projekt alles andere als einverstanden sind.
Bezirksstadträdtin Annika Gerold war ebenfalls vor Ort, die vielen kritischen Stimmen, scheint sie jedoch nicht wahrgenommen zu haben – zumindest laut ihren Aussagen bei der rbb-Abendschau, bei der sie am Samstagabend zu Gast war. Im Gespräch konfrontiert Moderator Sascha Hingst die Grüne damit, dass viele Menschen nicht von dem Projekt überzeugt sind und fragt sie, ob sie die überhaupt höre. Gerold antwortet, sie habe beim „Markt der Möglichkeiten“ mit ganz vielen Befürwortern, aber auch Kritikern gesprochen – sie habe „großen Zuspruch, viel Mehrheit und viel Drang“ das Projekt voranzubringen erlebt, es „gab heute eine sehr sehr positive Stimmung“.
Unsere Reporter vor Ort haben das jedoch anders erlebt. Es gab zwar Zustimmung, aber auch sehr viel Ablehnung. Die grünen Lastenrad-Träume teilen beim genaueren hinsehen nur die Wenigsten – und das selbst im seit Jahrzehnten grün-regierten Kreuzberg.