- Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ignorierte hunderte Experten-Einsprüche gegen den „Heizungs-Hammer“. Warnungen vor Preisexplosion ignorierte er.
- Forderungen nach stärkerer sozialer Abfederungen blieben unberücksichtigt.
- Hinweise auf Umsetzungsprobleme wegen fehlenden Materials und Mangel an Fachkräften schlug das Ministerium in den Wind.
Von Ralf Schuler
Er galt als Zuhörminister und könnte sich doch für den deutschen Ignoranzpreis bewerben: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat im Gesetzgebungsverfahren für das „Gebäudeenergiegesetz“ (GEG) sich den Traum aller Autokraten erfüllt und einfach mal durchregiert. Die zum Standard des deutschen Gesetzgebungsverfahrens gehörende Verbändeanhörung stieß ausgerechnet beim „Zuhörminister“ auf gänzlich taube Ohren, wie BILD berichtet.
Wenn die Realität beim Regieren stört
Was nach couragierter Bürokratieausbremse und polithandwerklicher Tatkraft klingt, soll normalerweise in konzentrierter Form die reale Welt und die Sicht der Betroffenen vom Regierungshandeln in die ministerielle Papierarbeit einsteuern. Mehr als achtzig Verbände, Ingenieurskammern und Landesbehörden hatten Nachbesserungsbedarf am Ölheizungsverbot und allgemeinen Umrüstungsgebot der Gebäudeheizungen gefordert: soziale Abfederung, zeitliche Streckung wegen Handwerker- und Materialmangels, Warnung vor Preisexplosion bei Energie und Wärme… Alles in jenen Wind geschlagen, aus dem Habeck künftig Deutschlands Energie gewinnen will.
Ein im Grunde ungeheuerlicher Vorgang, wenn man die Tragweite dieses Gesetzes zum technologischen Umrüstung des ganzen Landes in Rechnung stellt. Die Realität stört beim Regieren. Ein hemdsärmeliger Technologie-Umbruch ohne Erdung im Alltag. Grund genug, das Gesetz komplett zurückzuziehen, ja Grund genug für einen sofortigen Ministerrücktritt. Wer die Lebenswirklichkeit von Millionen Menschen im Handstreich umstülpen und die viertgrößte Industrienation der Welt mal eben ohne lästige Einrede von Experten in gesellschaftliche Verwerfungen dramatischen Ausmaßes stürzen will, um seinen klimapolitischen Willen zu bekommen, der von Amt und Grundordnung nichts verstanden.
Warum macht Habeck das?
Wer in den ersten Monaten der Ampel-Koalition mit Industrie- und Verbrandsvertretern sprach, stieß fast durchweg auf Applaus für den neuen Wirtschaftsminister und seine fast täglichen Anhörungen mit Wirtschaftsleuten, bei denen er verstehend nickte und sich Notizen machte. Einer der zuhört, hieß es mit einem Seitenhieb auf den Amtsvorgänger Peter Altmaier (CDU). Die Wahrheit ist: Habeck war immer schon in erster Linie ein guter Politik-Verkäufer, der im Gegensatz zu Öko-Eiferern die Menschen mit Nachdenklichkeit und mitunter zerknirschtem Image „mitnehmen“ wollte. Ein Ideologe in knuffiger Verpackung.
Ähnlich der „historischen Mission der Arbeiterklasse“ (Marx), die den Werktätigen gewissermaßen vom Schicksal vorbestimmt die Erzwingung der sozialistischen Gesellschaft gegen alle Widerstände auferlegte, sieht sich Habeck in der geschichtlichen Pflicht, Deutschland (gern auch die ganze Welt) klimaneutral zu machen.
Die Welt als Wille und Vorstellung
Es ist eine hermetische Welt, in der nicht nur die Protagonisten im Wirtschaftsministerium eine Art eingeschworener Clan sind, sondern auch die konsumierten Informationen aus den immer gleichen Denkfabriken stammen und energiepolitisch Dinge für machbar erklären, die nicht selten die Grenzen der Physik sprengen. Die Welt als Wille und Vorstellung (Schopenhauer), wobei in der neugrünen Version nicht mehr das „kosmische Prinzip“ der Natur die oberste Hoheit hat, sondern die hehre Vision der Partei der Klimafreunde.
Und wo das Ziel ehrenwert ist, darf man beim Weg nicht zimperlich sein. So, wie beim Selbstbestimmungsgesetz Biologie kein Argument sein darf, gelten mit Blick auf die Energiepolitik physikalische Einwände als Quertreiberei und Klima-Leugnung. Die Welt der Kritiker als eine Welt der Verschwörung, die es zu überwinden gilt.
Und wie weiland im realen Sozialismus, werden Politik und Maßnahmen immer autoritärer, je heftiger die Konfrontation mit der Realität das Scheitern erkennen lässt. Habeck nimmt Deutschland in eine Art Erzwingungsgewahrsam fürs Klima. Manche Dinge müssen zu Ende faulen, sagte Franz Josef Strauß. Bei manchen Dingen wäre es aber auch gut, wenn es schneller ginge.