
Jetzt weiß es ganz Deutschland: Nicht nur die Grünen in der Regierung, nein, die ganze Grüne Partei, will ins in die Energie-Katastrophe schicken. Und applaudiert sich sogar noch dafür.
Unter großen Widerständen haben die Grünen die sogenannte „Notreserve“ beschlossen. Nach heftigen Debatten gab der Parteitag grünes Licht, zwei Atomkraftwerke bis in den April hinein weiterlaufen zu lassen. Es ist ein Erfolg für Bundesminister Habeck, der lange um diesen Kompromiss werben musste. Und doch haben die „Fundis“, die grünen Ideologen und Fundamentalisten in seiner Partei, ihm enge Fesseln angelegt.
Der notorisch linksradikale Kreisverband der Grünen aus Friedrichshain-Kreuzberg wollte den Weiterbetrieb sogar ganz verhindern, scheiterte aber Gottseidank. Erfolgreicher war der Alt-Grüne Jürgen Trittin: Die von ihm eingebrachten Präzisierungen zum Antrag engen den Spielraum Habecks, der Grünen-Fraktion und damit der Bundesregierung gewaltig ein. Die Weiternutzung des AKW Emsland über Silvester hinaus schließt der Antrag aus – das aus rein parteipolitischem Kalkül, wie es scheint. Für die beiden süddeutschen AKW legt der Text einen zu beginnenden Rückbau ab dem 15. April 2024 fest. Außerdem soll die Einsatzreserve nur unter eng gefassten Bedingungen und unter Einbeziehung des Bundestags aktiviert werden dürfen. Trittin legt der Energiesicherheit unnötige Steine in den Weg – und der Parteitag nickt es freudig ab.
Damit haben die Grünen ihr Atom-Problem gelöst – das Problem Deutschlands besteht allerdings nach wie vor fort. Eine Einigung innerhalb der Ampel-Koalition zum Thema AKW ist nicht nur nicht in Sicht – sie ist nach dem Parteitag auch deutlich schwieriger geworden. Die FDP fordert den sogenannten „Streckbetreieb“ für alle Atomkraftwerke bis 2024. Grünen-Chefin Lang erklärte auf dem Parteitag hingegen, das sei eine „Rote Linie“ – ein Ausspruch, den FDP-Chef Lindner wiederum kritisierte. Er erwarte von allen Beteiligten, dass sie keine roten Linien zeichneten, „sondern den Horizont erweitern“, sagte er dem Fernsehsender „Welt“. Eigentlich hatte Bundeskanzler Scholz versprochen, den Atom-Streit in seiner Koalition bis zum Wochenende gelöst zu haben. Damit ist er gescheitert. Kommt keine Einigung zustande, bleibt es beim totalen Atomausstieg am Ende des Jahres – viel Zeit ist also nicht mehr. Das wissen die Grünen natürlich auch. Setzen sie ihren „Kompromiss“ also nicht durch, gewinnen sie sowieso. Die FDP kann derweil nur verlieren.
Was auf der Strecke bleibt: Die Versorgungssicherheit Deutschlands. Dass wir überhaupt ein Strom-Problem haben, wollten auf dem Parteitag viele gar nicht so richtig anerkennen. Trittin verstieg sich in einen absurden Vergleich: „Wir haben Gürtel um, wir haben Hosenträger an und wir hängen uns noch ein weiteres Paar Hosenträger in den Schrank“, beschrieb er den Beschluss seiner Partei. In Wahrheit hat Deutschland längst die Hosen runtergelassen und entblößt, wie schlecht es um die Energiesicherheit diesen Winter steht. Daran ändert auch der Grüne Parteitagsbeschluss nicht – im Gegenteil.