- Zeitliche Zufälle: Einen Tag vor der Bewerbung auf den Dena-Chefposten telefonierten Graichen und sein Trauzeuge Michael Schäfer.
- Graichen setzte Schäfer auf die Vorschlagsliste.
- Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wurde nach Auskunft des Ministeriums erst Ende April 2023 über die engen Beziehungen informiert.
Neue Ungereimtheiten in der Trauzeugen-Affäre um den inzwischen entlassenen Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen. Graichen war von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Mitte Mai in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden, weil er verschwiegen hatte, dass der designierte Chef der Deutschen Energieagentur (Dena), Michael Schäfer, ein enger Bekannter und sein Trauzeuge war. Außerdem hatte der Ex-Staatssekretär einen Projektantrag über 600.000 Euro für den BUND-Berlin abgezeichnet, bei dem seine Schwester Verena Graichen im Vorstand sitzt.
Wie das Wirtschaftsministerium auf einen Fragenkatalog der Unionsfraktion im Bundestag bestätigt, der Schuler! Fragen, was ist vorliegt, haben Graichen und sein Trauzeuge Michael Schäfer am 4. Januar 2023 miteinander telefoniert. Angeblich um mitzuteilen, dass er sich auf den Dena-Chefposten bewerben wolle: „Darüber hinaus hat Herr Schäfer Herrn Staatssekretär Dr. Graichen am 4. Januar 2023 darüber informiert, dass er sich auf die ausgeschriebene Stelle für die dena-Geschäftsführung bewerben werde“, heißt es in der Antwort.
Einen Tag nach Telefonat: Graichen setzt Schäfer auf die Kandidatenliste
Zufall oder nicht: Am folgenden Tag übermittelte Graichen dann per E-Mail den Namen Schäfers an die Personalagentur, die mit der Auswahl der Bewerber beauftragt war. Das bestätigt Wirtschaftsstaatssekretärin Anja Hajduk (Grüne) in ihrer Antwort auf die Anfrage der Union (Drs.-Nr. 20/6696): „Staatssekretär Graichen hat in diesem Zusammenhang der Personalagentur am 5. Januar 2023 per E-Mail mehrere Namen von geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten mitgeteilt, darunter auch den Namen von Herrn Schäfer.“
Aus den Antworten auf die gleiche Anfrage geht zudem hervor, dass Graichen sein persönliches Verhältnis zu Schäfer konsequent verschwiegen hat. So nahm er beispielsweise selbst an Gesprächen mit den Bewerbern für den Dena-Chefposten teil, ohne seine Nähe zu Schäfer zu offenbaren: „Am 10. März 2023 hat die Findungskommission mit sechs Kandidatinnen und Kandidaten, darunter Herrn Schäfer, Auswahlgespräche geführt. Staatssekretär Graichen war bei diesen Gesprächen jeweils anwesend.“
Wirtschaftsminister Robert Habeck habe er erst viel später informiert: „Er hat Bundesminister Dr. Robert Habeck von sich aus am Montag, dem 24. April 2023, darauf hingewiesen, dass der für die Neubesetzung des Vorsitzes der Geschäftsführung ausgewählte Bewerber sein Trauzeuge war.“ Dieser habe daraufhin eine interne Untersuchung angeordnet. Wie Hajduk auf Anfrage des CSU-Abgeordneten Bernhard Loos schreibt, laufe das Disziplinarverfahren gegen Graichen derzeit auch nach seiner Entlassung als Staatssekretär weiter. Da die Berufung von Michael Schäfer zum neuen Dena-Chef nicht zustande kam, hat die Deutsche Energieagentur dessen Anwaltskosten für die Aushandlung eines Aufhebungsvertrages übernommen.