Der Bankensektor scheint sich vorerst wieder etwas stabilisiert zu haben. Dennoch bleibt die Geschäftssituation für die Kreditinstitute schwierig. Die Zinswende bringt die Banken in herbe Bedrängnis. Allein in den USA verzeichnen die Banken bis zu 675 Milliarden Dollar an unrealisierten Verlusten.
Die Zahlungsunfähigkeit der Silicon Valley Bank (SVB) vor rund 3 Wochen hat eine Schockwelle im gesamten Bankensektor ausgelöst. Nach der zweitgrößten Bankenpleite der US-Historie (die Pleite der SVB) folgte die Zahlungsunfähigkeit der Signature Bank, die drittgrößte Pleite in der amerikanischen Geschichte. Die Auswirkungen reichten bis nach Europa. Das zweitgrößte Kreditinstitut der Schweiz, die Credit Suisse (CS) fiel und wurde von der mächtigsten Bank der Alpenrepublik, der UBS übernommen.
Short-Attacke auf die Deutsche Bank?
Auch die Deutsche Bank hat die Bankenkrise schwer getroffen. Das ohnehin schon lange kriselnde Kreditinstitut crashte am Freitag in der vergangenen Woche um zeitweise bis zu 25 Prozent. Im Fokus standen vor allem die sogenannten Credit Default Swaps (CDS). Mit diesem Instrument kann man sich gegen Kreditausfälle absichern. Der Preis der Credit Default Swaps für die Deutsche Bank stieg vergangene Woche sprunghaft an – ein Hinweis auf eine womöglich bevorstehende Pleite der Bank.
Nun steht im Raum, dass es eine Short-Attacke auf das Institut gegeben haben könnte. Mächtige Marktteilnehmer könnten also auf fallende Kurse der Deutschen Bank gewettet haben, um selbst hohe Gewinne zu erzielen. die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) hat deswegen nun Untersuchungen eingeleitet. „Die Esma untersucht zusammen mit den nationalen Regulierungsbehörden die jüngsten Marktbewegungen, auch auf dem CDS-Markt“, so ein Sprecher gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.
Das Vertrauen in die Banken bleibt beschädigt
Die Aktie der Deutschen Bank scheint sich jetzt etwas stabilisiert zu haben. Dennoch notiert das Kresditinstitut noch immer 20 Prozent unter dem Wert vor der Pleite der Sillicon Valley Bank. Die amerikanischen Banken, die im Dow Jones, dem amerikanischen Leitindex gelistet sind, notieren insgesamt seit dem 6. März rund 15 Prozent tiefer. Die Europäischen Banken haben im Zuge der Krise im Schnitt ebenfalls knapp 15 Prozent ihres Wertes verloren.
Die Finanzmärkte haben sich dennoch etwas beruhigt. Die Bankenaktien sind weniger volatil als noch vor ein bis zwei Wochen. Sowohl der Dow Jones als auch der DAX legten diese Woche um rund drei Prozent zu. Der deutsche Leitindex ist gar nur noch wenige hundert Punkte von seinem Allzeithoch entfernt.
Dennoch ist der Bankensektor tief angeschlagen und das Misstrauen in das Finanzsystem ist gewachsen. Der Goldpreis hat Ende März seinen höchsten Kurs seit 11 Monaten erreicht. Die Kryptowährung Ethereum hat seit dem 9. März um 25 Prozent und der Bitcoin sogar um über 35 Prozent zugelegt. Sowohl der Goldpreis als auch die Kryptowährungen steigen tendenziell immer dann, wenn das Vertrauen in den Finanzmarkt und die Banken sinkt.
US-Banken sitzen auf Verlusten in Höhe von bis zu 675 Milliarden Dollar
Im Bankensektor bleibt die übergeordnete Situation für die Banken kurz- und mittelfristig schwierig. Eine schlechte Nachricht könnte schnell wieder Panik an den Märkten auslösen. Da sowohl in Europa als auch in Amerika die Leitzinsen angehoben wurden, müssen die Banken ihr Geschäft umstellen. Aufgrund der Nullzinsphase haben viele Banken in der Vergangenheit in Anleihen investiert, um zumindest geringe Zinserträge zu erwirtschaften. Der Wert von Anleihen sinkt jedoch, wenn die Leitzinsen steigen. Genau hiermit haben die Banken in Europa und in Amerika nun zu kämpfen. Allein in den USA summieren sich die nicht realisierten Verluste der Bankenanlagen nach Angaben der FDIC, der amerikanischen Bankenaufsichtsbehörde, auf bis zu 675 Milliarden Dollar. Diese Verluste sind überwiegend auf die sinkenden Anleihenwerte zurückzuführen.
Den Zentralbanken sind gleich in mehrfacher Hinsicht die Hände gebunden. Senkt man die Zinsen, würde man dem Markt signalisieren, dass die Banken bedroht sind und damit erst recht die Bankenkrise befeuern. Zudem würde man die Inflation weiter anfachen. Die Zentralbanken werden aus diesen Grund die Zinsen vermutlich weiterhin schrittweise anheben. Das Geschäft der Banken wird man damit jedoch weiter erschweren.
Wie es im Detail um die amerikanische Bankenbranche steht wird sich spätestens in zwei Wochen zeigen. Dann veröffentlichen die Wall-Street-Banken ihre Quartalsergebnisse. Dies dürfte auch ein Fingerzeig dafür sein, wie es um die europäischen Bankenhäuser bestellt ist.