- Die deutsche Organisation „Empoca“ veranstaltet Feriencamps nur für schwarze Kinder.
- Auch die Betreuer müssen schwarz sein, weiße Mitarbeiter der Veranstaltungsstätten sollen während der Freizeitfahrten nicht das Gelände betreten.
- Die schwarze „Empowerment“-Bewegung schafft Situationen, die an die Apartheid erinnern.
„Von dem Moment an, in dem Menschen glauben, wegen ihres Aussehens anders behandelt zu werden, sind sie nicht mehr unbeschwert“, sagt Feriencamp-Leiter Anthony Owosekun in einem aktuellen Interview mit dem Spiegel. Er merkt nicht, dass er damit sein eigenes Konzept delegitimiert – der 40-jährige schwarze Mann veranstaltet Ferienfreizeit-Fahrten ausschließlich für schwarze Kinder zwischen sieben und 16 Jahren. Die Reisen werden unter anderem von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung gefördert.
Man sollte meinen, dass es der Wunsch jedes schwarzen Kindes ist, eben nicht anders als weiße Kinder behandelt zu werden – entsprechend seltsam muss es für ein schwarzes Kind sein, wenn Mama und Papa es nicht mit seinen Freunden aus der Schule (wohl hauptsächlich weiß) ins Ferienlager fahren lässt, sondern in eins „extra für Schwarze“. Falls es vorher kaum gespürt haben sollte, dass es anders ist als seine weißen Freunde, denkt es spätestens jetzt: Ich gehöre nicht dazu, ich brauche eine Sonderbehandlung.
Ein „Safer Space“ für schwarze Kinder
Feriencamp-Leiter Anthony Owosekun erklärt seinen Ansatz selbstverständlich anders. Er bewirbt seine Veranstaltungen auf der zugehörigen Webseite als „Safer Space“ und „empowernden Raum“, in dem schwarze Kinder ihre Potentiale ausleben können. Er achtet dabei penibel auf die Rahmenbedingungen der Camps: Sowohl Teilnehmer als auch Betreuer müssen schwarz sein, zusätzlich sollen die Kinder während des Camps möglichst nicht in Kontakt mit Weißen kommen. Im Spiegel-Interview beschwert sich Owosekun, dass das nicht immer klappe. So habe sich bei seinem letzten Ferienlager zeitweise einer der Betreiber wegen Renovierungsarbeiten auf dem Gelände befunden – das fand er „nicht okay“.
Ein besonderes Anliegen ist dem ehemaligen Pfadfinder, den Kindern im Ferienlager die Natur näherzubringen. Schließlich würden laut Owosekun viele schwarze Menschen nicht in den Wald gehen, weil sie sich dort „nicht sicher“ fühlen. Warum er das meine, fragt der Spiegel. Nun, schildert er, er sei mal allein im Wald spazieren gewesen und dann sei er zwei Personen begegnet, die ihn „nicht grüßten“, aber danach „in einigem Abstand für lange Zeit“ hinter ihm herliefen. Er habe sich dann beschattet gefühlt – passiert sei allerdings nichts weiter.
Schwarze Kinder sollen nicht nach ihrer Herkunft gefragt werden dürfen
Und dann waren da noch seine eigenen Erfahrungen im Pfadfinderlager. Da hat doch ein Betreuer tatsächlich gefragt, wo er herkäme. Als er wahrheitsgemäß „Schleswig-Holstein“ sagte, habe er gefragt, wo er denn „wirklich“ herkäme. „Ich verstand erst nicht, warum er das ausgerechnet von mir wissen wollte“, schildert Owosekun. Er war damals in der zweiten Klasse. Erst vor einigen Jahren habe er verstanden, dass er „Rassismus erlebt“ habe.
Es erscheint seltsam, dass ein Zweitklässler mit schwarzer Hautfarbe es nicht gewohnt gewesen sein soll, nach seiner Herkunft gefragt zu werden. Gerade Kinder sind doch dafür bekannt, skrupellose Fragen zu stellen. „Was hast du da im Gesicht?“, fragte mich einmal mein kleiner Bruder, als dort ein großer Pickel prangte. Es mag sein, dass es manchmal ein komisches Gefühl für schwarze Kinder ist, von weißen Gleichaltrigen oder Erwachsenen etwas zu lange beäugt zu werden. Da Kinder jedoch gleichzeitig sehr neugierig sind, dürfte es nie lange dauern, bis ein paar weiße Kinder ihre Scheu überwinden und das schwarze Kind ansprechen – der Rest kommt von selbst.
Ein Ausbrechen aus der Realität
Und selbst wenn ein Schwarzer tatsächlich einmal eine Ausgrenzung aufgrund seiner Hautfarbe erleben sollte (nach der Herkunft fragen, halte ich nicht für Rassismus) – er wird doch garantiert nicht ernster genommen, indem er „Rassismus“ schreit. Dass es Arschlöcher und „ungerechte“ Situationen gibt, ist nun mal die Realität. Fast jeder Mensch macht in seinem Leben mal die Erfahrung, ausgegrenzt zu werden. Jammern und zu versuchen, seine Position einzuklagen, zeigt heutzutage vielleicht sogar Wirkung – in dem Sinne, dass die Erzieherin zu den anderen Kindern sagt, dass sie die kleine Nervensäge auch mitspielen lassen müssen. Jedoch ist doch damit noch lange nicht erreicht, dass die anderen Menschen den vorher Ausgegrenzten akzeptieren – eher werden sie ihn noch weniger mögen, weil er gleich Petzen gegangen ist.
„Es ist nicht unsere Aufgabe, in den Camps die Realität abzubilden“, sagt Owosekun zum Spiegel und ist damit zumindest ehrlich. Was er jedoch nicht merkt: Indem er die schwarzen Kinder aus der Realität herausholt, stärkt er nicht ihre Fähigkeiten, sich im Leben zu behaupten – im Gegenteil. Sobald das Camp vorbei ist, treffen die Kinder wieder auf Weiße in ihrer Umgebung – und sind jetzt gepolt darauf, ständig auf mögliche Ausgrenzungserfahrungen zu achten, anstatt sich als Mensch wie jeder andere zu begreifen, der eben manchmal auf seine Hautfarbe angesprochen wird.
Die schwarze „Empowerment“-Bewegung ist ein Paradoxon. Einerseits ist man darüber erzürnt, nach seiner Herkunft gefragt zu werden. Andererseits besinnt man sich auf seine „schwarzen Wurzeln“. Im Camp von Owosekun steht beispielsweise Haarkunde und Stylen mit Haargel auf dem Programm. Eine Übung, die für Kinder mit Afrohaaren bestimmt sinnvoll sein kann, man wohl aber in keinem deutschen Standard-Feriencamp finden wird. Man ist wütend, weil man sich von Weißen ausgegrenzt fühlt, aber separiert sich dann selbst in „Black only“-Camps. Eins ist klar: Rassismus wird dort nicht bekämpft. Vielmehr schaffen die schwarzen Aktivisten Situationen, die an Zeiten der Apartheid erinnern.