– Nach exklusiven Pleiteticker.de-Informationen wurden zwei norddeutsche Kernkraftwerke ohne Rückbaugenehmigung mit Säure zerstört – unter grüner Verantwortung
– Den letzten drei Atomkraftwerken droht nach der Abschaltung am Samstag das Gleiche
– In grünen Ministeriumskreisen spricht man von einem „Sargnagel“ für die AKW
Von Sebastian Thormann und Max Mannhart.
Eigentlich debattiert die Koalition gerade darüber, ob die stillgelegten Atomkraftwerke angesichts der anhaltenden Energiekrise in einer Art Reserve behalten werden können. FDP-Fraktionschef Christian Dürr fordert, man solle die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Kernkraftbetriebs offenhalten: „Lasst uns doch mindestens nicht sofort mit dem Rückbau beginnen, sondern diese Reserve zumindest erhalten“, so Dürr zu seinen Koalitionspartnern. Lindner sagte im Interview mit der ARD: „Mir wäre lieber wir hätten die Reserve von drei klimaneutralen bestehenden Atomkraftwerken.“
In zwei Ländern mit grün-geführten Landesumweltministerien wurden jetzt allerdings schon Fakten geschaffen – und den letzten Atomkraftwerken droht ab Samstag das Gleiche.
Das ist passiert: Auf Pleiteticker.de-Anfrage erklärt das grün-geführte Bundesumweltministerium: In den drei Kraftwerken sollen „Maßnahmen zur Anpassung an den dauerhaften Nichtleistungsbetrieb und in Vorbereitung auf die Stilllegung durchgeführt“ werden.
Solche Maßnahmen beinhalten vor allem die sogenannte „Primärkreisdekontamination“, bei der das Innere der Anlage mithilfe von hochaggressiver Säure von radioaktiven Nukliden gereinigt wird. Bei diesem Prozess kann die Anlage allerdings bereits zerstört werden.
Das BMUV erklärt gegenüber Pleiteticker.de: Die Komponenten werden dabei „stark und auf Dauer“ geschädigt. Nach Durchführung dieses Verfahrens sei „ein Betrieb auch aus sicherheitstechnischer Sicht somit nicht mehr möglich.“ Ein anderes Vorgehen sei gar rechtswidrig, so das Ministerium.
Der grüne Trick: In den seit Jahresbeginn 2022 abgeschalteten Kernkraftwerken Grohnde in Niedersachsen und Brokdorf in Schleswig-Holstein ist so eine Primärkreisdekontamination „bereits abgeschlossen“, wie das Bundesumweltministerium pleiteticker.de mitteilte. Ein Sprecher des Landesumweltministeriums Niedersachen gab zu, durch das Verfahren sei „das Rohrsystem des AKW planmäßig zerstört“ worden.
Eigentlich wird das Kraftwerk erst zurückgebaut (d.h. zerstört), wenn eine entsprechende Genehmigung vorliegt, die allerdings Jahre dauert.
Die beschriebene Dekontamination kann allerdings – und das ist das Besondere – bereits vor der Genehmigung vorgenommen werden.
Unter der Hand ist es so gelungen, zwei Atomkraftwerke bereits zu zerstören.
Der „Sargnagel“: Bei zwei Kernkraftwerken, die am Samstag vom Netz gehen sollen, Emsland und Isar 2, ist die Genehmigung zum Rückbau noch nicht erteilt, das Genehmigungsverfahren sei lediglich „weit fortgeschritten“ – aber selbst das reicht aus. Denn in den abgeschalteten Kernkraftwerken Grohnde und Brokdorf ist das ebenfalls der Verfahrensstand, und auch eine fehlende Rückbaugenehmigung schützte dort nicht vor der Säure-Zerstörung.
Bei den jetzt anstehenden Abschaltungen könnte also mithilfe eines solchen Vorgangs an den regulären Genehmigungsverfahren vorbei, die Atomkraftwerke zerstört werden und so eine schnelle Wieder-Inbetriebnahme unmöglich gemacht werden.
Aus Kreisen eines grünen Landesumweltministeriums hörte Pleiteticker.de, dass die Dekontamination intern als endgültiger „Sargnagel“ für die AKW bezeichnet wird.
Für die drei am Samstag abzuschaltenden Anlagen sind die Landesministerien von Bayern, Niedersachsen und Baden-Württemberg zuständig. Zwei der drei Bundesländer haben einen grünen Umweltminister.