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Eukalyptus-Bonbon-Pleite: „Da stirbt ein Stück Kindheit“

Oktober 3, 2022

Kennt jeder in Deutschland, weil Oma oder Opa immer eins aus der Hosentasche gezaubert haben: Die Eukalyptus-Bonbons von Bodeta

Von Willi Haentjes und Sebastian Karadshow

Was zwei Weltkriege und die DDR nicht geschafft haben, schafft jetzt die Energiekrise: Die Firma Bodeta aus Oschersleben bei Magdeburg steht vor dem finalen Aus. Die kleinen grünen Eukalyptus-Bonbons sind einer der wenigen Exportschlager, die es nach der Wende in die Supermarktregale des Westens geschafft haben und dort bis heute ausliegen.

EIN ORTSBESUCH BEI DER KULT-FIRMA, BEI DER WEITER PRODUZIERT WIRD – ABER KEINER WEISS, WIE LANGE NOCH.

Der Kult-Bonbon-Hersteller Bodeta aus Oschersleben bei Magdeburg ist insolvent.

Wir berichten von vor Ort. Es stirbt einer der wichtigsten Arbeitgeber der Region – für viele auch "ein Stück Heimat, ein Stück Kindheit". Die Stimmung ist aufgeheizt. https://t.co/hcipURPeha pic.twitter.com/fL2vBNmYIg

— NIUS (@niusde_) October 3, 2022

Als Geschäftsführer Markus Letsch am Dienstag vor die Belegschaft tritt und den 110 Mitarbeitern erklärt, dass ihre Jobs nur noch bis Ende November sicher sind, sacken einige Kollegen in sich zusammen. Die einen suchen Halt und Trost, die anderen sind in Schockstarre, so beschreibt es ein Teilnehmer. Seither läuft die Suche nach einem Investor, um die Pleite noch abzuwenden, das Insolvenzverfahren ist beantragt.

„Wir suchen flexible und zuverlässige Produktionsmitarbeiter“ – vorm Werkstor fahndet die Bonbon-Firma noch nach Personal

Aus der Unternehmensführung heißt es zu pleiteticker.de: Die nächsten 14 Tage entscheiden über Bonbon oder Bye bye, die Überlebens-Chance wird auf 60 Prozent geschätzt. Die Anspannung ist spürbar: Den Bodeta-Mitarbeitern, die das Werksgelände verlassen, ist die Sorge ins Gesicht geschrieben, im Weihnachtsmonat Dezember kein Gehalt mehr zu bekommen.

„Da stirbt ein Stück Heimat, ein Stück Kindheit“, sagt Nadine, die mit ihren zwei Söhnen an der Fabrik vorbei spaziert. Für die Stadt Oschersleben (19.000 Einwohner) steht nicht nur ein Kulturgut, sondern auch einer der letzten großen Arbeitgeber auf dem Spiel. Und die Menschen sind wütend auf die Politik in Berlin. „Ich glaube, dass die Firma zu klein ist, um sie zu retten“, ist noch einer der freundlicheren Sätze, die wir hören. Es fallen Schimpfworte.

Besonders bitter: Bodeta, gegründet 1892, rutscht unverschuldet in die Pleite, so die Selbstwahrnehmung. Noch im August stand im Vergleich zum Vorjahresmonat ein Umsatz-Plus von 23 Prozent, so heißt es aus dem Betrieb. Dann kam der Energie-Schock. 300.000 Euro mehr für LKW-Lieferkosten, verdoppelter Zuckerpreis, verdreifachter Glukose-Preis. Würde die Firma 2023 noch produzieren, wird mit den vierfachen Energiekosten kalkuliert.

Dass jetzt in Berlin über einen Gasdeckel debattiert wird, hilft Bodeta nur bedingt weiter. Eigentlich gar nicht. Bis der da ist, könnte es zu spät sein, so heißt es aus der Geschäftsführung: „Aber ohne Deckel hat keiner eine Chance.“

Direkt auf der anderen Straßenseite der Bodeta-Produktion werden die Bonbons im Supermarkt verkauft – sieben Packungen waren in der Mittagszeit noch zu haben

Direkt neben der Fabrik wohnt Rentner Germer. Er ist 76 Jahre alt und in dem Gebäude, in dem heute die Bodeta-Verwaltung sitzt, in den Kindergarten gegangen. Seine Mutter hat bei der Bonbon-Firma nach dem Zweiten Weltkrieg gearbeitet. Von der Pleite seiner Nachbarn hat er aus der Zeitung („Ich lese noch Zeitung“) erfahren und sagt: „Die kleinen Unternehmen. Die kleineren Unternehmen. Es ist alles ein Trauerspiel.“

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