
Die ganze Welt lässt die Corona-Pandemie hinter sich: Nur in Deutschland braucht es den Segen von Christian Drosten, damit die Politik sich traut, zu handeln. Damit wiederholen sich die Fehler der Corona-Zeit selbst im Corona-Ende: Deutschland hält einen Mann für „die Wissenschaft“, dessen Urteil absolut und dessen Meinung Gesetz ist.
Wir schreiben das Jahr 2022. Fast auf dem gesamten Globus ist die Pandemie beendet. Der amerikanische Präsident etwa beendete Corona im September, sein französischer Amtskollege im August. Nur Deutschland ist Geisterfahrer – fast schon religiös hält die Bundesrepublik an längst absurd gewordenen Corona-Maßnahmen wie der Maskenpflicht in Zügen fest. Bis jetzt. Denn jetzt hat der Papst gesprochen. Die Rede ist nicht etwa von Franziskus, dem Papst in Rom – die Rede ist von Christian Drosten, dem Virologen an der Charité in Berlin. Während Corona galt er vielen als Pandemie-Papst – als elementarer Teil einer neuen, heiligen Dreifaltigkeit, in der es nicht mehr „Vater, Sohn und Heiliger Geist“, sondern „Lauterbach, Wieler und Drosten“ waren, die als quasireligiöse Ikonen für so manchen irrationalen Wahn dienten.
Jetzt hat er, der stets harten Corona-Maßnahmen das Wort redete, die Pandemie für „beendet“ erklärt – und Deutschland springt im Dreieck. Nur wenige Stunden nach den Aussagen des Virologen fordert Justizminister Marco Buschmann (FDP) – der uns bereits vor einem Jahr das „absolute Ende aller Maßnahmen“ für März 2022 versprach – das Ende aller Maßnahmen. Plötzlich sind fast alle überzeugt: Die Pandemie ist beendet. Das Justizministerium gibt bekannt, „Fachleute“ hätten „das Ende der Pandemie“ festgestellt. Das haben „Fachleute“ aber schon längst: Nicht nur Fachleute, sondern jeder, der mit offenen Augen durchs Leben geht, konnte längst feststellen, dass die Zeit der Pandemie vorbei ist. Das sehen wir insbesondere im Ausland. Nur in Deutschland braucht es den fragwürdigen Pandemie-Papst Drosten, damit längst überholte Maßnahmen endlich abgeschafft werden. Selbst die FDP, die 2021 gegen Maske, 2G und co. erfolgreichen Wahlkampf machte, nur um dann die sinnlosesten Corona-Maßnahmen und auch eine Impfpflicht mitzutragen, klammert sich an Drostens Aussagen, um sich mal wieder liberale Politik zu erlauben.
Dabei ist das Wort eines Mannes, mag er auch Charité-Virologe sein, eben nur das: Das Wort eines Mannes. Andere Experten – zum Beispiel der Epidemiologe Klaus Stöhr – hatten erklärt, dass das „Ende der Pandemie“ längst eine politische Entscheidung sei. Und das war es, das ist es auch. Wer jetzt Drostens Aussagen als hochheilige Verkündigung des Corona-Endes hochhält, begeht denselben Fehler, den dieses Land fatalerweise schon in der Pandemie beging: Er hält einige Einzelstimmen für „die Wissenschaft“, deren Urteil absolut und deren Meinung Gesetz ist. Wer ist Christian Drosten, dass seine Einschätzung allein über Gesetze, Rechtseinschränkungen und ganze juristische Regime entscheidet?
Ein Mann beschließt das Ende der Pandemie? Was ein Wahnsinn!
Die längst beendete Pandemie für beendet zu erklären, ist keine wissenschaftliche Aussage, sondern absurder Machtanspruch eines Einzelnen. Christian Drosten hat sich immer als Herrscher über das Leben von Millionen Menschen gesehen. Diese Rolle schuf er sich nicht selbst – sie wurde ihm durch Medien und Millionen Deutsche, die nur zu gerne und willfährig ihr Gehirn bei ihm abgaben, angetragen. Doch er füllte sie gerne aus und entwickelte in der Folge fast einen Gottkomplex. Sein „Rat“ und seine „Studien“ waren oft verheerend – seine Studie über die Ansteckungsgefahr durch Kinder beispielsweise, die als Grundlage für das Wegsperren unserer Jüngsten mit brutalen Folgen diente, war schlicht falsch. Seine Nähe zu China ist verdächtig, seine Methoden gegen andere Wissenschaftler und Journalisten waren skrupellos, und seine Unterstützung des „NoCovid“-Wahns bleibt unvergessen. Seine Aussagen haben einen Wahnsinn und eine Hysterie mitbefeuert, die in der Geschichte der Bundesrepublik, überhaupt in der Geschichte von demokratischen Gesellschaften einzigartig sind. Drosten ist Symbolfigur für das, was passiert, wenn „die Wissenschaft“ zur Ideologie, zum Personenkult wird. „Wissenschaft“ ist immer das Abwägen von Thesen, das diskutieren von Ideen und Ansichten, und das evidenzbasierte Arbeiten ohne Absolutheitsanspruch: „Die Wissenschaft“ war der metaphorische Totschläger, mit dem Debatten erstickt, Grundrechte hinweggefegt und die Gesellschaft gespalten wurde. Drosten hatte daran Anteil, war elementarer Teil dieses Totschlägers.
Die Politik muss sich von der fatalen Logik verabschieden, dass ein Mann über sein und nicht-sein der Pandemie entscheidet: Denn wer eine Pandemie alleine für beendet erklären kann, der kann sie auch wieder ausrufen. Das Heft des Handelns, das legitime Entscheidungsrecht liegt bei ihnen,den Politikern, und nicht bei Christian Drosten. Der kann gerne wieder in seinem Labor in der Charité verschwinden – wir haben genug von ihm gehört.