
Als Kind musste ich mir immer anhören, dass ich es nie zu etwas bringen würde. „Du kannst froh sein, wenn du auf der Baustelle die Toilettencontainer leeren darfst“, sagte mir der Lehrer für technisches Zeichnen in der Hauptschule. Aber als Migrant ohne nennenswerte Schulbildung hatte ich viele Jobs: Ich war Koch, Kellner, Paketsortierer, Lagerarbeiter, Tischlergehilfe, DJ, Verkäufer, Beatproduzent und Gastronom, bis ich als Quereinsteiger ein Volontariat absolvieren und eine redaktionelle Laufbahn einschlagen durfte.
Früher fühlte ich mich deshalb benachteiligt, doch heute bin ich dankbar, dass ich so viele verschiedene Erfahrungen sammeln und dabei die unterschiedlichsten Menschen kennenlernen durfte. Ich profitiere immens von den differierenden Meinungen und Perspektiven, mit denen ich auch heute noch konfrontiert werde. Da sich das Jahr dem Ende zuneigt, möchte ich Sie an einigen interessanten Thesen teilhaben lassen, die ich 2022 aufschnappen durfte.
Deutschlands Asylpolitik schadet den Hauptherkunftsländern
Beim Kaffeetrinken kam ich mit zwei Afghanen ins Gespräch, die schon seit 15 Jahren in Deutschland leben. Sie waren überzeugt davon, dass die deutsche Regierung die sogenannten Hauptherkunftsländer schwächt, indem sie so viele Geflüchtete aus diesen Gebieten aufnimmt. Ihr Argument: Wenn es nicht so einfach wäre, nach Deutschland zu kommen und hier ein sicheres und bequemes Leben zu führen, würden viel mehr junge Männer in ihren Heimatländern bleiben und sich dort für bessere Lebensbedingungen einsetzen.
Sie selbst seien das beste Beispiel dafür, sagte einer von ihnen. Seine Eltern wollten, dass er Anwalt wird und den Armen zu ihrem Recht verhilft, aber stattdessen verkaufe er jetzt Büromaterial in Deutschland. „Wären wir damals geblieben, wäre Afghanistan heute vielleicht in einem besseren Zustand. Wenn alle Freiheitsliebenden fliehen, kann keine Freiheit entstehen.“
Die Bundeswehr ist auf den Import toxischer Maskulinität angewiesen
Ich war mit einem Bekannten im Biergarten und die Natur verlangte ihr Recht. Also begaben wir uns zum Pissoir, wo wir Zeugen eines mitleiderregenden Schauspiels wurden: Ein etwa Sechsjähriger begann zu weinen, weil er das Gebläse des Handtrockners als zu laut empfand. Erst als sein Vater hinter ihm stand und ihm die Ohren zuhielt, konnte der Junge seine Hände ohne Tränen trocknen. Kopfschüttelnd erklärte mir mein Kumpel, dass die Bundesregierung genau aus diesem Grund darauf bedacht ist, zuhauf junge Migranten einzubürgern.
Seine Theorie: Die verweichlichten Schnuller, die derzeit in Deutschland aufwachsen, können zwar neunundsiebzig Geschlechter aufzählen und mitreißende Blogbeiträge über vegane Milchalternativen schreiben, aber sie können kein Land verteidigen. Seiner Meinung nach wird die Regierung, sobald genügend junge Migranten die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten, definitiv die Wehrpflicht wieder einführen. Schließlich benötige Deutschland in ein paar Jahren so viel toxische Maskulinität wie nur möglich, falls sich die weltpolitische Lage weiter verschlechtere.
Die Ampelregierung ist der teuflische Plan konservativer Strippenzieher
Als mir ein deutscher Frührentner namens Olli seine Theorie verklickerte, musste ich erst lachen, aber wenn man länger darüber nachdenkt, erscheint es erschreckend plausibel. Dass Deutschland aktuell von einer Idiotentruppe regiert wird, sei kein Zufall, sondern von langer Hand geplant, glaubt Olli. Mächtige Vertreter der Wirtschaft sollen gemeinsam mit konservativen Politikern schon vor Jahren beschlossen haben, die Zügel komplett aus der Hand zu geben und eine Regierungsbildung zu fördern, die nur den Bach heruntergehen kann. Warum haben sie das getan? Olli vermutet, dass es darum ging, grüne und linke Politik auf Jahrzehnte hinaus unpopulär zu machen.
Er ist davon überzeugt, dass Angela Merkels CDU absichtlich einen riesigen Trümmerhaufen hinterlassen hat, um es ihren Nachfolgern so schwer wie möglich zu machen. Deshalb habe man im vergangenen Jahr auch Armin Laschet und nicht Markus Söder oder Friedrich Merz als Kanzlerkandidaten aufgestellt. Die Union wollte gar nicht gewinnen, sondern Bedingungen schaffen, die es ihr ermöglichten, ihre Feinde dauerhaft zu beseitigen. Der Plan sei aufgegangen, meint Olli, und so könne die Opposition heute zusehen, wie sich SPD, FDP und Grüne selbst zerstören. Ein großer Teil der Bevölkerung werde bei der nächsten Wahl einen großen Bogen um die Grünen oder die Sozialdemokraten machen und stattdessen Friedrich Merz in die Arme laufen, der verspricht, sie in Zukunft vor dem links-grünen Irrsinn zu schützen.