Julian Nagelsmann ist überraschend beim FC Bayern München entlassen worden. Eine Entlassung die viele Tugenden missen lässt und immer mehr an die Sprunghaftigkeit in der Politik erinnert.
Es müssen aufregende Stunden für Julian Nagelsmann sein. Noch vor 24 Stunden war er Trainer des FC Bayerns. Sein Team hat er in das Champions League-Viertelfinale geführt, in der Bundesliga ist man auf Platz zwei gerutscht, aber nur einen Punkt hinter Konkurrent Dortmund.
Heute wird Nagelsmann sich an der berühmten Säbener Straße in München mit den Bayern-Bossen unterhalten, nicht um einen Transfer zu besprechen – nein, es geht um seinen Rauswurf. Über Nacht ist Nagelsmann nicht mehr Coach des FC Bayerns, dabei gab es noch vor wenigen Tagen vom Club-Boss eine Jobgarantie. Unglücklicher kann eine Trainer-Entlassung kaum laufen.
Für Fans ist die Entscheidung unverständlich
Man muss Julian Nagelsmann nicht mögen. Man kann durchaus seinen unorthodoxen Modegeschmack oder auch seine menschliche Kompetenz als Trainer kritisieren. Aber: Julian Nagelsmann war nicht grundlos Trainer vom FC Bayern München. Über Jahre hatte sich Nagelsmann als junger Coach mit revolutionären Ideen und Offensivgeist bei TSG 1899 Hoffenheim und RB Leipzig in Deutschland einen Namen gemacht. Als er sich von Leipzig verabschiedete, stand ihm die Tür jedes Vereins offen. Gewählt hat er den FC Bayern, sagenhafte 25 Millionen wanderten damals für den Trainer in die Kasse des RB Leipzigs.
Klar, man kann sich von seinem Nachfolger Thomas Tuchel mehr erhoffen. Aber den Trainer, der eigentlich langfristig das Gesicht vom FC Bayern sein sollte, der 25 Millionen Ablöse gekostet hat, an einem Donnerstagabend in der Länderspielpause zu feuern, eine Woche vor dem wichtigsten Ligaspiel der Saison (gegen Dortmund) ist für den normalen Fußball-Fan nicht zu verstehen.
Dementsprechend ist die Überraschung über diese plötzliche Entscheidung umso größer.
Wo bleibt der Anstand?
Nagelsmanns Entlassung lässt außerdem eine weitere Tugend vermissen: Anstand. Noch vor einigen Tagen hieß es von Bayern-Boss Herbert Hainer: „Wir planen mit ihm (Nagelsmann) langfristig, haben das mit einem Fünf-Jahres-Vertrag dokumentiert, weil wir mit ihm etwas aufbauen wollen.“ Nicht eine Woche später ist Nagelsmann entlassen. Es wäre eine Frage des Anstands gegenüber den Fans und gegenüber dem Trainer gewesen, nicht Tage vor der Entlassung zu behaupten man plane langfristig mit Nagelsmann.
Es ist wie in der Politik
Sprunghaftigkeit und unverständliche Handlungen scheinen nicht nur bei Entscheidungen im Fußball immer stärker zum Trend zu werden, es scheint ein gesamt-gesellschaftliches Phänomen zu sein. Auch, oder gerade, in der Politik herrscht nicht mehr der Gedanke „Keine Experimente!“ wie die CDU es sich in der 50er-Jahren noch auf die Fahne schrieb, sondern auch immer mehr das Sprunghafte, das Unüberlegte – man könnte auch sagen: Das Rückgratlose. Sei es in einer Energiepolitik, die in rasender Eile auf Kohle- und Atomkraftwerke verzichten will, oder in einer Migrationspolitik, die entgegen dem Willen der Mehrheit, alle ins Land lässt, die nach Deutschland wollen.
Ob im Fußball oder in der Politik, es braucht wieder mehr Ruhe, Transparenz und Rückgrat. Ob der FC Bayern entgegen unserer gegenwärtigen Politik durch diesen überraschenden Zug Erfolg hat, bleibt abzuwarten.