- Anlässlich des deutschen „Diversity-Tags“ hat die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman dem Handelsblatt ein Interview gegeben.
- Darin empfiehlt sie Unternehmen, eine „Bestandsaufnahme“ der Vielfältigkeit ihrer Angestellten durchzuführen.
- Insbesondere die sexueller Identität, Religion und Herkunft der Beschäftigten solle erfasst werden.
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten in einem großen Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern. Wie jeden Morgen sitzen Sie an ihrem Schreibtisch in einem Großraumbüro, gehen mehr oder weniger motiviert ihren Aufgaben nach und blicken in die Gesichter ihrer zahlreichen Kollegen, die konzentriert auf einen Bildschirm starren. Plötzlich sehen Sie am Ende des Raumes die persönliche Assistentin ihres Vorgesetzten etwas unbeholfen von Tisch zu Tisch laufen. Sie hat ein iPad in der Hand, in das sie immer wieder ein paar Worte eintippt.
Sie beobachten die junge Frau weiter und sehen, dass sie Ihren Kollegen nacheinander ein paar Fragen zu stellen scheint und die Antworten dann notiert. Als die Dame näher kommt, erkennen Sie, dass die befragten Mitarbeiter einigermaßen irritiert auf die Fragen reagieren, manche sehen gar erzürnt aus. Schließlich steht die Assistentin vor Ihnen, guckt peinlich berührt im Raum umher und fragt Sie: „Haben Sie einen Diversity-Hintergrund? Irgendeine besondere Herkunft, sexuelle Identität oder Religionsangehörigkeit? Das müssen wir für den Unternehmensbericht wissen…“
Eine Bestandsaufnahme der Vielfältigkeit
Diese absurde Situation könnte schon bald Wirklichkeit werden – zumindest wenn es nach Ferda Ataman, der Antidiskriminierungsbeauftragten der Bundesregierung, geht. Diese hat am Dienstag in einem Interview mit dem Handelsblatt deutschen Unternehmen geraten, eine „Bestandsaufnahme“ zur Vielfältigkeit ihrer Belegschaft durchzuführen. Diversität würde laut Ataman noch viel zu oft mit Frauenförderung gleichgesetzt werden – es sei aber notwendig, auch „Menschen mit unterschiedlicher sexueller Identität, Religion oder Herkunft“ in den Blick zu nehmen.
Ihre Forderung begründet Ataman mit einer neuen EU-Verordnung für Unternehmen, die im Januar diesen Jahres in Kraft getreten ist. Die sogenannte „Nachhaltigkeitsdirektive“ („Corporate Sustainability Responsibility Directive“, CSRD) verpflichtet große Unternehmen, Berichte über ihr unternehmensinternen Richtlinien zu Umweltschutz, sozialer Verantwortung, Menschenrechten, Korruptionsbekämpfung und Vielfalt in ihren Vorständen zu veröffentlichen. Guckt man sich an, welche Kategorien die EU als Teil dieser Vielfaltsanalyse versteht, fällt interessanterweise auf, dass dort explizit nur Alter, Geschlecht, Bildungs- und Berufshintergrund genannt werden.
Atamans Vorschlag geht über EU-Richtline hinaus
Ataman hat die Kontrolle von sexueller Identität, Religion oder Herkunft also einfach dazu gedichtet. Aus einer bereits übergriffig anmutenden Gesinnungsabfrage der EU wurde so kurzerhand eine Anweisung zur Durchleutung des Privatlebens von Angestellten. Denn wie sonst soll man es nennen, wenn ein Arbeitgeber allen Ernstes Informationen zur sexuellen Orientierung seiner Mitarbeiter einholt? Noch seltsamer ist die Vorstellung, wie die Analyse der Herkunft vonstatten gehen soll. Wird dann kurzerhand eine Hautfarbenpalette neben das Gesicht des Arbeitnehmers gehalten und sein Hautton abgeglichen? Muss der Angestellte Blut und Haare abgeben, damit im Labor eine dieser abgefahrenen Genanalysen durchgeführt werden kann, die dann zeigt, ob man irgendeinen Vorfahren aus Südafrika, dem Kaukasus oder vom Nordpol hatte?
Und was macht man mit dunkelhäutigen Angestellten? Diese nach ihrer Herkunft zu fragen, wird ja sonst immer als schlimmster Rassismus verteufelt. Fragt man diese dann nur nach ihrer sexuellen Orientierung? Und geht das auch, wenn die Arbeitnehmerin Kopftuch trägt – ist das dann nicht „haram“, also nach dem islamischen Glauben verboten?
Eine diskriminierende Antidiskrimierungsbeauftragte
Mal im Ernst: Der Vorschlag unserer „Antidiskrimierungsbeauftragten“ ist nichts anderes als diskriminierend. Ataman möchte Unternehmen nötigen, Personalentscheidungen nicht mehr von der individuellen Leistung der Angestellten abhängig zu machen, sondern nur von ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten staatlich protegierten Gruppen. Befremdlich finde ich außerdem die Begeisterung Atamans dafür, privateste Informationen von Arbeitnehmern protokollieren und veröffentlichen zu lassen.
Grundsätzlich geht es meinen Arbeitgeber doch überhaupt nichts an, woher ich stamme und was ich in meiner Freizeit mache. Wenn er mich interessiert fragt, zum Beispiel um mich als Person besser einschätzen zu können, kann ich mir ja überlegen, welche Informationen ich freiwillig mit ihm teilen will. Wenn mich mein Chef nun aber mit Verweis auf eine staatliche Anordnung dazu nötigen sollte, private Details in eine Excel-Liste zu schreiben, die dann auch noch in einen öffentlichen Bericht übertragen werden, würde ich ihn doch freundlich fragen, ob ich mich bei den Angaben nicht gleich an den Personen-Karteikarten der Stasi orientieren soll.