Die Bußgeldstelle in Berlin nahm im Jahr 2022 so viel Geld ein wie noch nie – und die Politik klopft sich dafür kräftig auf die Schulter. Doch während Otto Normalbürger für seine Parksünden bestraft wird, lässt man Kriminelle fröhlich ihres Werks nachgehen.
In Berlin gibt es kaum einen schöneren Morgengruß, als einen kleinen grünen Zettel an seiner Windschutzscheibe vorzufinden – das knittrige Papier ist aber keine Einladung zum nächsten Kiezflohmarkt und auch kein selbstgemalter Liebesbrief. Mit den Worten „Sehr geehrter Verkehrsteilnehmer“ kündigt sich dem Berliner ein saftiger Strafzettel an, ausgegeben von unserem Freund und Helfer höchst persönlich.
Dabei war die Polizei im letzten Jahr besonders fleißig, den Berliner Autofahrern den Tag zu verderben: Insgesamt wurden mehr als 3,6 Millionen Anzeigen wegen Verkehrsverstößen in der Bußgeldstelle der Polizei bearbeitet – 300.000 mehr als im Jahr 2021. Bei der Landeskasse müssen angesichts dieser Zahlen Dollarzeichen in den Augen der Verwaltungsbeamten aufgeblitzt sein. Immerhin verbuchte sie Rekordeinnahmen: 109,6 Millionen Euro.
Allein heute morgen begegneten mir auf dem Weg zum Auto mindestens acht Opfer eifriger Polizeibeamten, was mir stellvertretend schlechte Laune einjagte. Allerdings nicht wegen des Ordnungsgeldes an sich, sondern wegen der Tatsache, dass die Polizei in Bezirken wie Kreuzberg massenhaft Knöllchen ausstellt, während Drogendealer auf der anderen Straßenseite völlig unbehelligt ihrer Geschäfte nachgehen.
Die Kriminalität floriert, die Polizei verteilt Strafzettel
Die Polizeibeamten selbst trifft dabei wenig Schuld. Sie stehen Dealern, wie denen am Görlitzer Park, wegen der Politik des rot-rot-grünen Senats ziemlich hilflos gegenüber. Allein wenn sie die Dealer durchsuchen, steht sofort eine Traube linker Moralapostel um die Beamten herum und schreit „Polizeigewalt! Racial Profiling!“ und filmt das Geschehen mit dem Handy. Wird einer der Beamten dann tatsächlich angezeigt, hat er nicht selten ein Problem. Seit dem Jahr 2020 gilt das in Berlin einzigartige Antidiskriminierungsgesetz. Es bedeutet: Beweislastumkehr. Jeder Polizist der des Rassismus bezichtigt wird, muss selbst beweisen, dass er unschuldig ist.
Ich kann also grundsätzlich verstehen, dass es für Polizisten leichter ist, Strafzettel an harmlose Falschparker zu verteilen, als Drogendealer zu verhaften, die dank politisch gewolltem Justizversagen am nächsten Tag sowieso wieder auf der Straße stehen. Wahrscheinlich ist es für die Beamten bei all der Frustration sogar manchmal eine regelrechte Genugtuung, Knöllchen zu verteilen, gegen die sich der Normalbürger nicht wehren kann. Aber ist das jetzt das neue Prinzip in Deutschland? Werden nur noch Leute bestraft, die sich – von kleinen Parksünden oder Geschwindigkeitsübertretungen abgesehen – an die Regeln halten? Und das, obwohl sie teilweise eben durch die Kriminalität zu Ordnungswidrigkeiten gezwungen werden?
Die Politik zwingt ihre Bürger zum Falschparken
Genau so ist es bei uns im Kiez in Kreuzberg nämlich. Ich würde mich sehr gerne an die Regeln halten und nur auf legalen Parkplätzen parken, aber wie soll das gehen? Dank der grünen Bezirksregierung werden sukzessive immer mehr Parkplätze in Blumenkübel oder Fahrradparkplätze verwandelt – man muss schon Glück haben überhaupt im Umkreis der nächsten drei Blocks einen legalen Parkplatz zu kriegen. Und dann steht man da und soll als Frau im Dunklen zehn Minuten durch schlecht beleuchtete Straßen laufen, vorbei an Trauben von Drogendealern, psychisch schwerst gestörten Obdachlosen und anderen Männern, die es mit Frauenrechten und sexueller Selbstbestimmung nicht so eng nehmen.
Ich habe jeden einzelnen Abend Angst, wenn ich im Dunklen nach Hause laufe. Und es geht nicht nur mir so. Die meisten Frauen, die ich kenne, haben enorme Angst davor, auf dem Nachhauseweg verfolgt, sexuell belästigt oder ausgeraubt zu werden. Gerade in Kreuzberg, aber auch in anderen Berliner Stadtteilen, ist das leider die traurige Realität. Ich bin schon als Jugendliche immer wieder auf der Straße festgehalten und begrapscht worden. Ich wurde auf dem Nachhauseweg verfolgt, musste vor Fremden davon laufen und um meine Haustür kämpfen. Wenn man so etwas einmal erlebt hat, geht man danach so kurze Wege, wie nur irgendwie möglich – auch wenn das bedeutet, auf dem Gehweg zu parken. In meiner Straße machen es alle so, auch wenn sie wissen, dass sie dafür blechen müssen.
Warum werden nur Verkehrsdelikte geahndet?
Politiker wie der innenpolitischer Sprecher der Grünen, Vasili Franco, sollten sich auch deshalb mit ihrem überschwänglichen Lob für die Einnahmen der Bußgeldstelle zurückhalten. Franco sagte: „Die verstärkte Ahndung von Verstößen und die deutlich höheren Einnahmen bestätigen sich als Win-Win-Situation: Sie sind gut für den Landeshaushalt und wirken sich positiv auf die Verkehrssicherheit aus.“ Sie wirken wie Hohn – und das zumindest so lange, wie Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, illegaler Drogenhandel, Körperverletzung, Raub, sexuelle Übergriffe und ähnliche Vergehen in Berlin nicht genauso „verstärkt“ geahndet und bestraft werden.
Berlin ist Deutschlands gefährlichste Stadt – hier kommen 13.158 Straftaten auf grade mal 100.000 Einwohner. Gerade die Zahl schwerer Delikte wie „Straftaten gegen das Leben“ und „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ steigen immer weiter an. Allein 2021 gab es 1.541 Fälle von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexueller Übergriffe – wobei man davon ausgehen kann, dass die Zahl in echt um ein vielfaches höher ist, grade solche Delikte werden selten angezeigt.
Solange das so bleibt, sollte man sich wohl kaum mit hohen Bußgeldeinnahmen rühmen.