
Pleiteticker-Kommentar
Von Judith Basad
Um den Satiriker Jan Böhmermann tobt seit Freitag ein riesiger Shitstorm. Der Grund: In der letzten Ausgabe seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ wollte sich Böhmermann für die Rechte von Transsexuellen (Menschen, die sich im falschen Geschlecht geboren fühlen) einsetzen. In Wahrheit machte er sich zum Sprachrohr eines fragwürdigen Aktivismus, der gegen Frauen hetzt, Kritiker als Faschisten brandmarkt und Fake News verbreitet.
Unterstützt wurde Böhmermanns Hetz-Beitrag ausgerechnet von Familienministerin Lisa Paus, die sich regelmäßig für Frauenrechte und gegen Hass und Hetze ausspricht.
Eine ganze Sendung widmete der Satiriker Jan Böhmermann den Rechten von Transsexuellen, ließ sich dafür von Trans-Aktivisten beraten, stellte seinem Publikum sogar aktivistische Wortkreationen wie „TERF“, „nicht-binär“ oder „transgender“ als seriöse Begriffe vor. Das Problem: Böhmermann hat selbst nicht ganz verstanden, was ihm die Aktivisten zuvor eingetrichtert haben.
Nicht-binär, oder so …?
An einer Stelle behauptet Böhmermann etwa, dass „transgender“ (Synonym von transsexuell) bedeute, dass man „irgendwas zwischen Frau und Mann“ sei. Das ist falsch. Transsexualität (auch: Geschlechterdysphorie) bedeutet, dass Menschen glauben, im falschen Geschlecht geboren zu sein, was mit einem immensen Leidensdruck verbunden sein kann. Manche Betroffene unterziehen sich lebenslangen Hormonbehandlungen und irreversiblen Operationen, um diesem psychischen Schmerz zu entgehen. Transsexuelle Menschen sind weder „nicht-binär“, noch „irgendetwas zwischen Mann und Frau“, sondern brauchen die Einteilung in zwei biologische Geschlechter, weil sie für ihre Identität und psychisches Wohlbefinden existenziell sind.
Es geht um Biologie, nicht um Fühlis
Falsch ist auch Böhmermanns Behauptung, dass es bei Transsexualität nicht um die Sexualität, sondern um die Geschlechtsidentität (also das soziale Geschlecht) gehe. Das ist Nonsens. Denn Transsexuelle wollen ja häufig ihre Geschlechtsmerkmale und somit ihre Biologie verändern, weswegen sie Ärzte, Chirurgen und Endokrinologen brauchen. Es geht also gerade NICHT um die Veränderung des sozialen Geschlechts (also damit wie man sich im sozialen Leben fühlt), sondern um die der Veränderung des Körpers – also der Sexualität.
Gutachten sind richtig und wichtig …
Im Moment entschieden Gerichte darüber, ob Menschen ihre Persönlichkeit frei entfalten könnten, heißt es bei Böhmermann weiter, weil Transsexuelle zwei psychologische Gutachten vorlegen müssen, wenn sie ihren Personenstand ändern wollen. Auch das ist falsch.
Wahr ist: Jeder Mensch kann in Deutschland seine Persönlichkeit frei entfalten, auch Transsexuelle. Die psychologischen Gutachten, die Böhmermann hier verteufelt, sind richtig und wichtig. Denn häufig leiden die Betroffenen nicht an einer Geschlechterdysphorie, sondern an anderen psychischen Störungen. Da auf eine soziale Transition (Personenstandsänderung) häufig eine medizinische Transition mit irreversiblen Eingriffen folgt, ist es nur menschlich, wenn der Staat Anreize schafft, die genauen Ursachen zuvor abzuklären.
… genauso wie Fragen nach der Sexualität
Genauso wichtig sind die Fragen der Gutachter über das Sexualverhalten von Transsexuellen, die Böhmermann als entwürdigend und demütigend verteufelt. DENN: Vor allem junge Frauen sind häufig nicht transsexuell, sondern lesbisch und haben Angst, ihre Homosexualität offen auszuleben, weil sie nicht der Norm entspricht. Natürlich müssen die Therapeuten hier Fragen nach dem Begehren und nach der Sexualität stellen, um diese Frauen nicht auf einen falschen Weg zu schicken.
Das gleiche bei Männern: Viele Männer, die sich als transsexuell identifizieren, leiden in Wahrheit an einer Paraphilie, also einer krankhaften Auslebung eines sexuellen Fetischs (wie Travestie, Exhibitionismus oder Voyeurismus), was nur mit Fragen über deren Kleidung abgeklärt werden kann.
Hetze gegen Frauen
Brisant ist der Frauenhass, den Böhmermann in seiner Sendung schürt. So erklärt er den Begriff „TERF“ (trans-ausschließende, radikale Feministin), der von Trans-Aktivisten erfunden wurde, um Frauen, die dem Trans-Aktivismus widersprechen, als menschenfeindlich abzuwerten. Immer häufiger finden sich auf Trans-Demos Transparente mit der Aufschrift „Terfs boxen“ oder „Terfs töten“. Es erstaunt also nicht, dass Böhmermann in seiner Sendung Frauen als „turds“, also Scheißhaufen, bezeichnet und Alice Schwarzer, die Biologin Marie Luise Vollbrecht und die Publizistin Birgit Kelle in eine Reihe mit russischen Oligarchen und Putin-Trollen stellt. Tiefer kann man eigentlich nicht mehr sinken.
Besonders skurril ist Böhmermanns Hetze gegen die Feministin Alice Schwarzer. Die Feministin betreibe „Hetze gegen Trans-Personen“, so der Satiriker. Der Grund: Sie sagte, dass Transsexualität ein Trend sei.
Dabei hat Schwarzer Recht. Eine Studie aus Großbritannien zeigt, dass in den letzten 10 Jahren der Anteil der Jugendlichen, die sich als transsexuell identifiziert, um 4000 Prozent gestiegen ist. In den Sozialen Medien posten immer mehr Jugendliche Videos, in denen sie sich als „trans“, „nicht-binär“ oder „genderfluid“ identifizieren oder sich stündlich neue Pronomen ausdenken. Auch Promis wie Elliot Page, große Werbe-Kampagnen von Calvin Klein oder die zahlreichen Tik-Tok-Videos von jungen Frauen, die Verbände und Narben von ihren Brustamputationen stolz in die Kamera halten, beweisen: Transsexualität ist in der westlichen Welt ein massiver Trend.
Auch auf die Biologin Marie Luise Vollbrecht, haut Böhmermann ein – mit genau dem Aktivisten-Jargon, mit dem die junge Doktorandin seit Monaten von Aktivisten attackiert wird. Vollbrecht sei eine „Twitter-TERF“,eine „Meeres-Elektrikerin“ und verbreite „Hass gegen Trans-Menschen“. Der Grund: Sie verteidigt den wissenschaftlichen Fakt, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt.
Dieser Fakt sei „transfeindlich“, so Böhmermann. Denn es entspreche einem „wissenschaftlicher Konsens“, dass es mehr als zwei Geschlechter gebe. Begründet wird dieser „Konsens“ mit einem Tagesspiegel-Artikel, in dem ein Aufsatz von Claire Ainsworth und Schriften von anderen Autoren der „feministischen Wissenschaftskritik“ erwähnt werden. Letzteres ist eine Sparte der Geisteswissenschaft, die maßgeblich von der Israel-Hasserin Judith Butler und der von ihr begründeten Queer-Theorie beeinflusst wird.
Stark vereinfacht wird in dieser Theorie folgendes behauptete: Die zwei biologischen Geschlechter existieren nicht deswegen, weil sich empirisch zwei biologische Geschlechter nachweisen lassen, sondern weil die Biologie, die Physik und die gesamten Naturwissenschaften nur eine Erfindung einer weißen, heterosexistischen und männlichen Unterdrückung sei. Diese Sparte der Social-Justice-Disziplinen, die auch gerne die gesamte Mathematik als rassistisch stigmatisiert oder Genitalverstümmelungen als ein afrikanisches Kulturgut positiv aufwertet, stellt sicher keinen „wissenschaftlichen Konsens“, sondern eher eine abgedrehte Randispziplin in der akademischen Welt dar.
Besonders niederträchtig: Böhmermann verhöhnt Frauen, die von transsexuellen Männern in Toiletten, Umkleiden und Gefängnissen sexuell missbraucht wurden. Diese realen Fälle, diese reale Gefahr wertet der Satiriker als „TERF-Talking-Point“ ab und behauptet, dass Gewalt gegen Frauen nicht in Damenumkleiden stattfände. Fakt ist aber: 90 Prozent der Fälle von Voyeurismus und sexueller Belästigung spielen sich in Umkleiden ab, die für beide Geschlechter offen sind. Eine andere britische Quelle berichtet, dass 120 von 134 angezeigten Vorfällen von sexueller Belästigung in Umkleidekabinen in geschlechtsneutralen Einrichtungen stattfinden.
Lisa Paus gefällt das
Kurz: Der Beitrag von Böhmermann verbreitet nicht nur fatale Fake News, sondern versucht auch, kritische Frauen ins Schweigen zu drängen, sie öffentlich zu zerstören, indem man sie mit Faschisten, Nazis und Putin-Fans gleichsetzt. Umso fataler ist es, dass ausgerechnet Familienministein Lisa Paus am Montag Böhmermanns Beitrag auf Twitter teilte. Dazu schrieb sie: „Das neue #Selbstbestimmungsgesetz kommt – egal, ob reaktionäre & menschenverachtende Personen(-Gruppen) etwas dagegen haben. Wir alle sollen unsere Persönlichkeit individuell entfalten können – ob vor, in oder ohne Kameras. #TransRightsAreHumanRights“
Was ist in einem Land los, in dem Spitzenpolitiker sich an einer derartigen Hetze gegen Frauen und Andersdenkende beteiligen?