Gesundheitsminister Karl Lauterbach will mit seiner Cannabis-Legalisierung den Schwarzmarkt verdrängen, den Einstieg in stärkere Drogen verhindern sowie Kinder und Jugendliche schützen – was er erreichen wird, ist aber das genaue Gegenteil.
Es war eine herbe Enttäuschung für jeden „Bubatz“-Anhänger: Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir haben am Mittwoch die neuen Eckpunkte für die von der Ampel lang ersehnte Legalisierung von Cannabis vorgestellt – und die war deutlich unspektakulärer als bislang angekündigt. Die Droge soll nun doch nicht für jeden ab 18 zugänglich, die straffreie Besitz-Menge kleiner sein und Marihuana-Shops fallen auch noch weg. Lauterbach sind wohl plötzlich doch noch ein paar Bedenken gekommen – oder die EU hat ihm eins auf die übereifrigen Fingerchen gehauen. So oder so: Am grundsätzlichen Plan der Legalisierung hält der Mann, der in drei Jahren Corona bewiesen hat, was für ein wahnsinnig kompetenter Gesundheitsminister er ist, langfristig fest.
Sein Ziel sei damit nach wie vor den Cannabis-Schwarzmarkt zu verdrängen, den Einstieg in stärkere Drogen zu verhindern, sowie Kinder und Jugendliche zu schützen. Özdemir betonte: „Die Dealer werden sich nicht freuen über diesen Tag.“ Doch ich muss die Herren Minister enttäuschen: Sie werden ihre Ziele nicht erreichen – Im Gegenteil. Die Cannabis-Legalisierung wird weder zur Bekämpfung des Drogen-Handels noch zum Schutz der Konsumenten beitragen – wir leben in Deutschland, nicht in Bullerbü. Das Einzige, was passieren wird, ist, dass die Normalisierung einer Droge vorangetrieben wird, die alles andere als harmlos ist.
Dealer werden Dealer bleiben
Die Bekämpfung des illegalen Drogenumschlags – kurz: der Drogendealer – ist immer das erste Argument, was Legalisierung-Befürworter bei einer Diskussion aus der Tasche ziehen. Zu glauben, die Dealer würden ihre Drogenpäckchen wegschmeißen und einen ordentlichen Beruf ergreifen, nur weil der Staat ein paar „Canabis-Clubs“ aufmacht und den Leuten erlaubt drei Hanfpflanzen auf ihren Balkon zu stellen, ist mehr als nur naiv. Herr Lauterbach und seine Kollegen kennen die fiesen, dunklen Gestalten mit den Drogen-Tütchen wahrscheinlich nur aus dem Fernsehen. Deswegen erkläre ich ihnen gerne nochmal wie es auf den deutschen Straßen wirklich läuft: Sollten den jungen Männern tatsächlich ein paar Kunden abhandenkommen, werden sie im besten Fall die Preise ein bisschen runter drehen – und da kommen wir zum ersten Knackpunkt.
Wer wie ich am Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen ist, kennt die mehrheitlich afrikanischen und arabischen Drogendealer, besser als ihm lieb ist – und weiß, dass die Kerlchen wirklich ungern schlechte Geschäfte machen. Das sieht man nicht nur an ihren teuren Markenklamotten, iPhones und Dr. Dre Kopfhörern, sondern auch an der Tatsache, dass sie sich gegenseitig die Köpfe einschlagen, wenn jemand in ihr Revier eindringt – ich habe das unfreiwillig schon einige Male miterlebt. Innerhalb von Sekunden wird aus einem Zischen ein Brüllen, dann greift der erste zu einer Flasche. Aus Scherben und Fäusten werden Messer, im schlimmsten Fall Schusswaffen.
Die Spuren solcher Konflikte sieht man dann spätestens am nächsten Tag in roten Spritzern auf dem Asphalt. Eine Bekannte von mir durfte einmal miterleben wie drei Araber einem Afrikaner klar machten, wer hier die Tütchen verteilt – als ich kurze Zeit später an der Stelle vorbeiging, konnte ich noch die große Blutlache sehen, von der aus sich in einem fünf-Meter-Radius zahllose Blutspritzer in alle Himmelsrichtungen ausbreiteten.
Das Märchen vom Konsumenten- und Jugend-Schutz
Die jungen Männer verstehen also wenig Spaß, wenn es an ihre Knete geht. Wenn sie jetzt tatsächlich mit dem Preis runter gehen müssten, was würden sie dann wohl machen? Den Shit strecken, bis kein Halm mehr auf der Wiese steht – und das meine ich genauso, wie ich es sage. Am Görlitzer Park stopfen die Dealer nämlich gerne Grashalme in ihre Drogentütchen. Allerdings ist das neben der Verwendung von Haarspray bei weitem noch das harmloseste Streckmittel. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als das Gras in Berlin vor etwa zehn Jahren im großen Stil mit Rattengift gestreckt wurde. Klingt abgefahren, ist aber genauso weit verbreitet, wie gefährlich. In den USA führte das verseuchte Gras zu diversen Todesfällen, weil die Konsumenten durch fehlende Blut-Gerinnung schwere Blutungen erlitten.
Jetzt denken Sie vielleicht: Was labert die Alte uns eigentlich für eine Bulette ans Bein, genau vom Konsumentenschutz hat Herr Lauterbach doch gesprochen – aber so einfach ist das leider nicht. Sicher wird es Leute geben, die sich in Cannabis-Clubs anmelden oder – unter übrigens sehr hohem Energieaufwand – ein Pflänzchen züchten, um sich ungestrecktes Cannabis zu holen, aber das wird nicht die Masse sein. Es werden genau die Leute sein, die sich schon vorher bei ihrem Dealer qualitativ hochwertigeres Zeug beschafft haben – nicht die, die an den üblichen Umschlagplätzen verkehren. Doch selbst die „Qualität-Konsumenten“ werden in der Regel nicht mit einer Maximalmenge von 50 Gramm Cannabis im Monat auskommen – ich kannte früher Leute, die allein in einem üblichen Wochentag 10-20 Gramm geraucht haben.
Die meisten Leute, die heute in den Görlitzer Park – oder an ähnliche Plätze in anderen Städten – gehen, um Drogen zu kaufen, werden dort auch in Zukunft weiter „einkaufen“ und sich das richtig miese Zeug reinziehen – ganz einfach, weil es billiger ist und sie sich so mehr kaufen können. Das betrifft zum einen Leute, die schwere Suchterkrankungen und wenig Geld haben, und zum anderen Jugendliche. Der vermeintliche Jugendschutz ist damit das größte Hirngespinst, das die Ampel-Partner in die Welt gesetzt haben. Wenn sie nicht in die Cannabis-Clubs dürfen und Mama keine Hanfpflanze im Wohnzimmer erlaubt, gehen sie halt in den Park – so wie sie es schon immer gemacht haben. Da kriegen sie alles, was sie wollen, zum kleinen Preis, ohne Nachfragen- ohne das Mama oder Vater-Staat es mitbekommen.
Und künftig, wenn die Dealer tatsächlich nicht mehr so viel Marihuana verticken können, wahrscheinlich noch schneller, mehr und günstiger auch harte Drogen wie Ecstasy, Kokain, Christal Meth, Speed und was das Drogi-Herz sonst noch so begehrt – vielleicht sogar mit Probier-Angeboten, das wäre auch nichts Neues. Wer darauf einmal eingeht, kommt nicht mehr so schnell runter. Ich habe so mehr als nur einen meiner alten Freunde an die völlige Verwahrlosung und Beschaffungs-Kriminalität verloren – zwei von ihnen führte das am Ende bis in den Knast. Andere flogen „nur“ von der Schule oder saßen plötzlich mit einem ungewollten Kind da.
Mit Schwung in die Abwärtsspirale
So eine Abwärtsspirale fängt fast ausnahmslos mit dem Konsum von Cannabis an – was soll es also für ein Signal sein, diese Droge als „Genussmittel“ zu legalisieren? Marihuana ist die Einstiegs-Droge schlechthin, das ist keine Floskel – und das ist in keinster Weise mit Alkohol – zumindest, wenn man sich nicht jeden Tag ins Koma säuft – und schon gar nicht mit Zigaretten oder Koffein vergleichbar. Jeder meiner früheren Freunde hat mit dem Joint hinter der Turnhalle oder auf der Parkbank angefangen. Aus einem wurden schnell zwei, drei, vier und mehr. Dann ist man morgens, mittags und abends bekifft, wartet nur noch darauf, sich den nächsten Kick aus einer 80 cm großen Bong (Cannabis-Wasserpfeife) oder einen XL-Joint reinzuziehen – auch in der Schule. Und ehe man sich versieht, kickt das Zeug irgendwann nicht mehr so richtig. Dank Gewöhnungseffekt reicht es nicht mehr für das „gute Gefühl“.
Wenn man Drogen nimmt, macht man das in der Regel aber aus genau einem Grund: Weil man sich wegballern will. Weg von seinen Problemen, weg vom Alltag und weg von schlechten Gefühlen. Reicht das Gras dafür nicht mehr aus, werden schnell härtere Geschütze aufgefahren – bei uns in der Schule war das als erstes Ecstasy, dann kamen Kokain und Pilze. Am Ende nahmen eine paar meiner Klassenkameraden selbst im Sportunterricht Speed, um schneller laufen zu können. Andere tranken nur so zum Spaß eine ganze Flasche Kodein (ein starkes Opiat, medizinisch in sehr kleinen Dosen gegen Schmerzen und als Hustenstiller eingesetzt). Umso mehr man in der Szene drin ist und so mehr man ausprobiert hat, desto kleiner wird die Hemmschwelle sich an das ganz schwere Zeug zu wagen.
Marihuana ist aber nicht nur als Einstiegs-Droge gefährlich, das angeblich so harmlose Kraut wird maßlos unterschätzt. Es schadet seinen Konsumenten gerade bei regelmäßigem Gebrauch psychisch und körperlich massiv. Der Konsum kann bei Jugendlichen unter anderem die normale Hirnentwicklung stören. Er kann Gedächtnisschwächen erzeugen, vermindert die Koordinationsfähigkeit und kann im schlimmsten Fall -etwa bei Veranlagung gepaart mit massivem Konsum- zum Auftreten von Psychosen führen. Und das ist dann gar nicht mehr lustig, denn dann ist das normale Leben für immer vorbei. Psychotische Erkrankungen wie Schizophrenie sind chronische, nicht heilbare Störungen, die zu völligem Realitätsverlust, Wahnvorstellungen, Paranoia und damit verbundenen Fehlhandlungen, wie etwa Gewaltausbrüchen, führen können.
Marihuana sollte verboten bleiben
Für mich ist und bleibt die Legalisierung von Marihuana, und sei es auch nur eine Teil-Legalisierung, aus all diesen Gründen ein fataler Fehler. Sie hilft weder Konsumenten, noch schützt sie Jugendliche oder vergrault irgendwelche Drogendealer. Sie führt nur zu einer Normalisierung des Drogenkonsums und dazu, dass das widerliche Zeug noch ungenierter in der Öffentlichkeit konsumiert werden kann – am Ende wahrscheinlich in jedem Café, jeder Bar und auf dem Kinderspielplatz. Gewöhnen sie sich schonmal an den penetranten Geruch, wenn sie mit den Kleinen im Sandkasten buddeln.
Die Milliarden an Steuereinnahmen, die man sich durch den Verkauf verspricht, sind für mich weder den zunehmenden gesellschaftlichen und sozialen Verfall noch die Verwahrlosung eines einzelnen Menschen wert. Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem es normal ist, dass auf der Straße offen Drogen konsumiert werden – egal ob Heroin oder Marihuana, egal wer daran verdient.
Wenn man den Schwarzmarkt wirklich „austrocknen“ und Jugendliche schützen will, geht das nur durch eine strikte Strafverfolgung und Null-Toleranz.