Der Überblick:
- 2019 stürzte im Sudan der langjährige Diktator Al Baschir. Seit 2021 teilen zwei Generale gemeinsam die Macht.
- Die Armee und die paramilitärischen „Rapid Support Forces“ haben sich in den vergangenen Monaten jedoch zerstritten.
- Die Spannungen sind jetzt eskaliert – in der sudanesischen Hauptstadt fallen Schüsse.
Paramilitärische Einheiten im Sudan haben nach eigenen Angaben den Präsidentenpalast und den Flughafen in der Hauptstadt Khartum unter ihre Kontrolle gebracht. Das teilte die mit der Armee rivalisierende Gruppe Rapid Support Forces (RSF) am Samstag mit, nachdem es am zuvor Schüsse und Explosionen in mehreren Teilen der Hauptstadt gegeben hatte. Die Armee widersprach dieser Darstellung. Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen der Armee und den Paramilitärs, die eigentlich in die Streitkräfte integriert werden sollten. Die RSF erklärten, Soldaten seien am Samstagmorgen in ihr Hauptquartier einmarschiert. Die Angaben beider Seiten konnten zunächst nicht unabhängig bestätigt werden.
Der US-Botschafter im Sudan, John Godfrey, bestätigte auf Twitter, dass in Khartum Schüsse und Kämpfe zu hören waren. Er warnte, dass eine Eskalation der Spannungen zwischen militärischen Einheiten „extrem gefährlich“ sei. Die Botschaft rief ihr Personal und US-Bürger im Sudan auf, ihre Häuser nicht zu verlassen.
USA fordern Ende der Gewalt
US-Außenminister Antony Blinken hat angesichts schwerer Gefechte im Sudan zu einem Ende der Gewalt aufgerufen. «Wir fordern alle Beteiligten dringend auf, die Gewalt sofort einzustellen und weitere Eskalationen oder Truppenmobilisierungen zu vermeiden und die Gespräche zur Lösung offener Fragen fortzusetzen», schrieb Blinken am Samstag auf Twitter. Die US-Regierung sei «zutiefst besorgt» über die Gewalt und in Kontakt mit der US-Botschaft in der sudanesischen Hauptstadt Khartum. Die Botschaft hatte ihr Personal und US-Bürger zuvor dazu aufgerufen, ihre Häuser nicht zu verlassen.
Russland ist Player im Sudan
Auch der russische Botschafter im Sudan äußerte sich zur Situation. Moskau erwarte, dass beide Seiten bald Verhandlungen aufnehmen würden, sagte Botschafter Andrey Chernovol der russischen staatlichen Nachrichtenagentur TASS. Das Außenministerium in Moskau forderte einen sofortigen Waffenstillstand. Russland übt Einfluss auf die Situation im Sudan aus: Seit Jahren sind Söldnertruppen der Organisation „Wagner“ in dem nordafrikanischen Land stationiert. Sie unterstützen die RSF, die sich gegen die Regierung stellt. Westliche Diplomaten werfen den Söldnern auch den Einsatz chemischer Waffen und die Verbreitung von Schmutzkampagnen auf sozialen Netzwerken vor. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine haben russische Desinformationsnetzwerke im Sudan laut der New York Times neunmal so viel „Fake News“ verbreitet wie zuvor, um Unterstützung für den Kreml zu gewinnen.
Die Militärjunta des flächenmäßig drittgrößten Landes auf dem Kontinent erweist sich als williger Partner Moskaus. Der gestürzte Machthaber Al-Baschir wandte sich hilfesuchend an Putin, versprach ihm, sein Land zu Russlands „Schlüssel“ in Afrika zu machen. Über das Wagner-Netzwerk profitiert Russland von den Goldreserven des Landes. Auch eine Marinebasis für die russische Seekriegsflotte ist geplant.
Seit dem Sturz von Langzeitmachthaber Omar al-Baschir im April 2019 hält das Militär unter der Führung von General Abdel Fattah al-Burhan die Macht im Land. Das Militär und das RSF unter Anführer Mohammed Hamdan Daglo hatten im Herbst 2021 gemeinsam erneut die Macht übernommen, in den vergangenen Monaten mehrten sich aber die Spannungen zwischen den beiden militärischen Anführern. Der Streit verzögert den von Machthaber al-Burhan versprochenen Übergang zu einer zivilen Regierung.