Radikale Bolsonaro-Anhänger haben das Regierungsviertel in Brasilien gestürmt und wichtige Gebäude Zeitweise unter ihre Kontrolle gebracht. Die Randalierer plünderten, zerstörten und attackierten Polizisten. Präsident Lula da Silva spricht von „faschistischen Vandalen“.
Am Sonntagabend haben Anhänger des brasilianischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro das Regierungsviertel in der Hauptstadt Brasília gestürmt. Sie drangen in den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Regierungssitz Palácio do Planalto ein.
Es sind Bilder, die an den „Sturm aufs Kapitol“ in den USA Anfang 2021 erinnern. Damals wie heute stürmten radikalisierte Anhänger des abgewählten Präsidenten das Kongressgebäude, randalierten und attackierten Polizisten. In Brasilien nahm das ganze deutlich größere Dimensionen an.

In der Hauptstadt kam es zu handfesten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Anschließend stürmten die Bolsonaro-Anhänger die wichtigen Regierungsgebäude.
Demonstranten stürmen Parlament, Präsidentensitz und oberstes Gericht
Die Demonstranten schlugen die Scheiben der Fassade des Kongressgebäudes ein und drangen in die Eingangshalle vor. Zuvor waren bereits Hunderte Demonstranten auf das Gelände des Parlaments vorgedrungen und auf das Dach des Gebäudes gelangt. Auf Videos ist zu sehen, wie die Demonstranten sich den Sitzungssälen von Abgeordnetenhaus und Senat bemächtigen.

Nach dem Angriff auf den Kongress zogen Bolsonaro-Anhänger auch zum Obersten Gerichtshof. Sie hätten dort Scheiben eingeworfen und seien in die Lobby vorgedrungen, berichtete das Nachrichtenportal G1.
Später zog die Menge auch zum Regierungssitz Palácio do Planalto. Männer mit Brasilienflaggen liefen durch Flure und Büros, randalierten und zerstörten Mobiliar. Büros wurden geplündert.
Nach mehreren Stunden brachten Sicherheitskräfte die Gebäude laut Medienberichten wieder unter Kontrolle. Spezialkräften der Militärpolizei und der Präsidentengarde gelang es, die Gebäude zu räumen, wie die staatliche Agência Brasil berichtete. Dutzende Verdächtige wurden festgenommen.

Die Militärpolizei setzte gepanzerte Fahrzeuge ein, über dem Regierungsviertel kreisten Hubschrauber. Videos zeigen, wie Bolsonaro-Anhänger einen berittenen Polizisten von seinem Pferd zogen und auf ihn einschlugen.

Präsident verurteilt Gewalttäter als „faschistische Vandalen“
Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der sich zum Zeitpunkt des Angriffs nicht in der Hauptstadt aufhielt, verurteilte die Ausschreitungen scharf. In einer ersten Stellungnahme bezeichnete Lula die Angriffe als „Barbarei“ – ausgeübt von „faschistischen Vandalen“. Er ordnete an, dass die Bundesregierung die Verantwortung für die öffentliche Sicherheit in Brasília übernimmt. Der Sicherheitschef der Stadt, Anderson Torres, ehemals Justizminister unter Bolsonaro, wurde entlassen. Präsident Lula wirft den Behörden der Stadt „entweder Inkompetenz oder Böswilligkeit“ vor, weil sie die Randale nicht verhindert haben. Der föderale Erlass, der Brasília der Bundesregierung unterstellt, gilt bis zum Ende des Monats.
Bolsonaros Partei distanziert sich von den Geschehnissen
Die Partei des abgewählten Präsidenten Bolsonaro äußerte sich bestürzt über die Geschehnisse in der Hauptstadt. „Heute ist ein trauriger Tag für die brasilianische Nation. Wir können mit der Erstürmung des Nationalkongresses nicht einverstanden sein“, sagte der Vorsitzende von Bolsonaros Liberalen Partei (PL), Valdemar Costa Neto, in einem Video. „Alle geordneten Demonstrationen sind legitim. Aber das Chaos hat nie zu den Grundsätzen unserer Nation gehört. Wir verurteilen dieses Verhalten aufs Schärfste. Das Recht muss durchgesetzt werden, um unsere Demokratie zu stärken.“