Jan Böhmermann hat zum sechsten Mal den Grimme-Preis gewonnen. Unappetitliche Eklats wie das RAF-Fahndungsplakat mit liberal / konservativen Politikern und Journalisten oder die Bezeichnung von Frauen als „Scheißhaufen“ werden also nicht kritisch betrachtet, sondern geehrt.
Jan Böhmermann und sein Team sollen laut Grimme-Institut für ihre Sendung „ZDF Magazin Royale“ dieses Jahr erneut einen Grimme-Preis erhalten. Damit wird ein Mann geehrt, der „Hass und Hetze“ gegen Andersdenkende salonfähig macht – ein Mann, der in den letzten Jahren eher durch Skandale, als gute Satire aufgefallen ist.
Die Grimme-Jury begründete die Entscheidung mit den Worten: „Eigene Rechercheleistungen und für ein größeres Publikum satirisch aufbereitete Informationen, die sonst nur ein Fachpublikum erreicht hätten, sind zum Markenzeichen des ‚ZDF Magazin Royale‘ geworden“. Böhmermanns Konzept basiere auf einer „simplen Überlegung“: In einer Welt, in der Politiker „wie Clowns“ agierten, hätten echte Clowns keine andere Wahl als selbst politisch zu werden.“
Andersdenkende als Terroristen
Ich frage mich, welche Informationen sonst nur ein „Fachpublikum“ erreicht hätten. Vielleicht die Tatsache, dass Böhmermann Frauen, die daran glauben, dass es nur zwei Geschlechter gibt oder es kritisch sehen, wenn Männer – die sich als Frauen identifizieren – in ihre Umkleiden kommen können, für „Scheißhaufen“ hält. Unter dem Hashtag „turds“ nannte Böhmermann in seiner Show im Dezember 2022 unter anderem Luise Vollbrecht und Alice Schwarzer als Beispiel. Wohin so „radikale“ Ansichten, wie der Glaube an biologische Geschlechter, so eine „organisierte Hetze“, laut Böhmermann führt? „Zu Gewalt und Tod“ – wer Zweifel an der Transideologie hat, ist also quasi ein Gewaltverbrecher. Wirklich eine preis-verdächtige Aufklärungsleistung.
Eine andere besonders unappetitliche Böhmermann-Aktion war die Veröffentlichung eines Fahndungsplakats mit nicht-linken Politikern und Journalisten. Böhmermann ahmte bewusst ein Plakat aus RAF-Zeiten (Rote Armee Fraktion) nach – aus der Baader / Meinhof-Bande machte er die Lindner / Lehfeldt-Bande. Die sei „wegen staatsfeindlichem Aktivismus, Bildung einer kriminellen Vereinigung und gemeinschaftlicher Vorbereitung schwerer Staats- und menschheitsgefährdender Straftaten” gesucht. Abgebildet sind FDP-Größen Christian Lindner und Wolfgang Kubicki, aber auch Journalisten wie Ulf Poschardt (Chefredakteur Welt) und Anna Schneider (Chefreporterin Welt). Auf ihre Köpfe setzte Böhmermann zum Spaß jeweils 100.000 DM aus – setzte sie durch den RAF-Vergleich mit Terroristen und Mördern gleich.
Preis für Staatstreue
Sieht man sich Beispiele wie diese an, scheint die Bezeichnung „politischer Clown“ für Böhmermann passend: Denn Böhmermanns „Witze“ haben meist keine tiefere Ebene als das stumpfe Diffamieren politischer Gegner – manchmal versteckter, oft aber auch mit offenem Visier, völlig unverblümt. Trotzdem ist er der Liebling der medialen Elite: Man überschüttet ihn regelrecht mit Preisen. Denn seine „Gags“ wenden sich gegen die „Richtigen“, die „Bösen“ – sind immer auf Staatslinie.
Und dieser Einsatz wird mit dem sechsten Grimme-Preis belohnt. Man stelle sich vor, ein Dieter Nuhr hätte ein Fahndungsplakat von den Grünen in seiner Sendung gezeigt oder Ricarda Lang einen „Scheißhaufen“ genannt. Dann hätte er statt eines Grimme-Preises wohl eher einen Shitstorm plus Anklage kassiert.
Mich erinnert das Schauspiel an die DDR: Das System feiert sich selbst.