Während Mitglieder der Biden-Regierung dem Ort des toxischen Zugunglücks in Ohio fernblieben und die Einwohner im Stich ließen, taucht jetzt Ex-Präsident und Kandidat Donald Trump in East Palestine auf und mischt sich unters Volk. Ein PR-Coup für Trump und eine Blamage für Biden.

Seit knapp drei Wochen macht ein schweres Zugunglück in East Palestine im US-Bundesstaat Ohio Schlagzeilen. Seitdem dort ein Güterwagenzug mit giften Chemikalien an Bord entgleist ist, herrscht in dem kleinen Ort Ausnahmezustand. Doch die Politik in Washington ignorierte den Fall größtenteils: Bundesbehörden sind zwar vor Ort, aber Spitzenpolitiker wie Verkehrsminister Buttigieg oder Präsident Biden ließen sich nicht blicken.
Bidens neuer und alter Rivale Donald Trump erkannte die Marktlücke und zeigte Präsenz. Tage zuvor hatte sich der Bürgermeister des Ortes beschwert, dass Biden Kiew besuche, aber nicht East Palestine: „Das war der größte Schlag ins Gesicht. […] Das sagt einem in dem Moment, dass er sich nicht um uns kümmert.“ Für Trump das Signal, sich umgehend auf den Weg zu machen. Und zwar gleich mit einer eigens organisierten Hilfslieferung. Der Ex-Präsident wurde unter großem Jubel empfangen.
Trumps Wahlkampf ist schwach angelaufen
Schon seit Monaten befindet sich Trump formell im Wahlkampf, er hatte im November seine erneute Bewerbung um die republikanische Präsidentschaftskandidatur angekündigt. Aber so richtig angelaufen war sein Wahlkampf bislang nicht, seine zurückhaltende Ankündigungsrede zum Beispiel fanden selbst viele Trump-Fans eher langweilig. Gleichzeitig hat Trump diesmal, anders als 2020, starke innerparteiliche Konkurrenz. Jetzt schon hat seine ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley ebenfalls die Kandidatur für die republikanische Präsidentschaftsnominierung erklärt.
Es dürften ein breites Feld weiterer Konkurrenten folgen, Gouverneur Ron DeSantis etwa gilt als wahrscheinlicher Top-Kandidat und liegt in Umfragen Kopf-an-Kopf mal vor, mal hinter Trump – obwohl er noch gar keine offizielle Kandidatur erklärt hat. Bisher bestand Trumps öffentliches Wahlkampfauftreten primär darin, auf seiner eigenen Social-Media-Plattform Truth Social über DeSantis zu lästern, ansonsten war er medial in den Hintergrund getreten.
PR-Coup in Ohio

Den Besuch in Ohio muss man jetzt aber als PR-Coup bezeichnen. Mit einer roten „Make America Great Again“-Kappe läuft Trump die Straßen des kleinen Ortes entlang, in denen begeisterte Anhänger darauf warten, den Ex-Präsidenten zu treffen. Und der Milliardär macht das, was er wohl am besten kann: Er mischt sich unters Volk und zeigt seinen Anhängern, dass er einer von ihnen ist – bis hin zum McDonald’s-Besuch. Der Besuch in Ohio hat Trump offensichtlich zurück in den vollen Wahlkampfmodus gebracht. Dass er hier bejubelt wird, ist andererseits keine allzu große Überraschung, denn Ohio ist Trump-Land. 70 Prozent der Einwohner stimmten bei der letzten Wahl für ihn.
Biden im Zugzwang

Trump hat es damit zurück ins Lampenlicht geschafft und dürfte seine Gegner zumindest in Verlegenheit gebracht haben. Seine innerparteilichen Konkurrenten müssen jetzt beweisen, dass sie die gleiche Volkstümlichkeit draufhaben – und da mangelt’s so manchem an Talent. Präsident Biden lässt die Trump-Aktion alles andere als gut aussehen: Trump liefert Hilfsmittel, spricht mit den Menschen, besucht den Unglücksort – flankiert vom wütenden Bürgermeister und Ohios Senator J.D. Vance, einem erklärten Trump-Fan. Bei seinem Besuch wirkt es fast so, als als wäre Trump noch Präsident. Den oft schläfrigen und abwesenden Biden stellt er auf jeden Fall in den Schatten – obwohl auch Trump anzusehen ist, dass er sich auf 77 Lebensjahre zubewegt.