
Autohaus-Sterben in Deutschland: Bis zum Jahr 2030 könnte sich die Zahl der Autohäuser laut einer Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (Ifa) fast halbieren! Während die großen Autohändler expandieren, gehen kleinere Betriebe zu Grunde – sie können der Konkurrenz nicht standhalten und sind mit der Digitalisierung und Umstellung auf E-Autos vor nicht zu bewältigende Herausforderungen gestellt. Das Werkstattgeschäft nimmt ab, für Umrüstung und Fachpersonal ist kein Geld da.
„Zentralisierung im Autohandel“ – so nennt ifa-Direktor, Stefan Reindl, den laufenden Prozess in der Autoindustrie. Demnach sind immer weniger Betriebe wettbewerbsfähig und müssen aufgeben, anschließend werden sie von großen Händlern aufgekauft. Wie aus einer neuen Studie des Ifa hervorgeht, sollen so von den aktuell etwa 6.800 Autohausunternehmen in Deutschland im Jahr 2030 nur 3.900 übrig bleiben – fast die Hälfte unserer kleinen Autohäuser wird also verschwinden.
Grund dafür sei die Marktstellung größerer Handelsgruppen, die in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen sollen – „regionale Platzhirsche“, wie Reindl sie nennt. Die kleinen Autohäuser können dem Druck der Autohersteller, die lieber mit Schwergewichten zusammenarbeiten, nicht standhalten. Der Trend geht soweit, dass die „Platzhirsche“ auch in benachbarte Regionen bzw. Bundesländer expandieren und dort ihre kleinen Kollegen verschlucken. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Übernahme der Piepenstock-Gruppe aus dem Sauerland durch Tiemeyer aus dem Ruhrgebiet – einem der größten deutschen Händler von Fahrzeugen des VW-Konzerns. Früher gab es in Deutschland immer um die 1.000 VW-Händler, heute sind es nur noch ca. 800 – Tendenz sinkend.
Die kleineren Händler können dem wachsenden Konkurrenzdruck nur schwer standhalten, denn mit Umstellung auf Elektromobilität und der Digitalisierung von Fahrzeuge stehen nicht nur die Autohersteller vor großen Veränderungen. Auch Autohändler müssen sich umstellen: In der Kundenberatung und Werkstatt werden statt normalen Mechanikern plötzlich Software-Experten gebraucht, die digitale Dienste erklären und updaten können – beim Elektromotor gibt es auch keinen Ölwechsel mehr. Dank niedrigen Renditen sind Investitionen und Umrüstungen aber quasi unmöglich – „Mit Elektroautos wird das klassische Werkstattgeschäft kleiner. Das wird an erster Stelle den markengebundenen Fabrikatshandel treffen“, so Reindl.
Die ifa-Studie zeigt, dass im Vergleich zu 2021 von den 18 wichtigsten Fabrikatsgruppen in Deutschland nur drei Automarken ihr Händlernetz mit eigenständigen Betrieben vergrößert haben – die Händlerzahl geht abwärts. Doch das bedeutet noch nicht, dass alle kleinen Betriebe die aus dem Händlernetz fallen aufgeben – sie versuchen als freie Händler oder Werkstätten ohne Bindung an eine Automarke zu überleben. „Offensichtlich werden zahlreiche, ehemals fabrikatsgebundene Betriebe aufgrund des Verlusts von Händler- oder Serviceverträgen als freie Betriebe weitergeführt“, heißt es dazu in der Ifa-Studie.
Die Energiekrise und Inflation dürften den Selektionsprozess laut Ifa nochmal beschleunigen. Demnach werde sowohl die Zahl der eigenständigen Unternehmen als auch die Zahl der Filialbetriebe zurückgehen. Eine Betriebsstätte aufzugeben, spare entscheidende Kosten, so die Ifa-Forscher.