Franziska Giffey schob die Wahlschlappe der SPD gestern auf alles – nur nicht ihre eigene Politik. Dazu guckte sie in die Kamera wie ein geschundener Hundewelpe. Peinlich, findet unsere Autorin.

Liebe Franziska, ich erlaube mir jetzt mal, dich so zu nennen, so von Brennbezirk-Braut zu Brennbezirk-Braut (Du warst Bürgermeisterin von Neukölln, ich wohne in Kreuzberg). Das war ja gestern nichts. Klar, vor allem war dein Wahlergebnis schlecht, aber darum geht’s mir jetzt gar nicht. Wir sollten eher über deinen Auftritt in den Medien reden.
Als Du von der Wahlschlappe deiner Partei erfahren hast, hast Du ernsthaft in die Kamera geguckt wie ein Zwergpudel, der grad von seinem Frauchen getreten wurde. Deine Augen waren glasig, so als würdest Du kurz vor einem Tränenausbruch stehen, deine Lippen waren trotzig versteift, die Mundwinkel heruntergezogen wie bei einem Kind, das gerade seinen Lolli nicht bekommen hat.
Mit dieser Jammer-Miene hast Du dann gesagt: „Wir haben nur ein Jahr Zeit gehabt (…) und ein Jahr ist kurz, wenn man drei Krisen gleichzeitig bewältigt und eine Wahlwiederholung hat.“ Du hast volle Kanne auf die Tränendrüse gedrückt, wolltest Verständnis und Mitgefühl erhaschen – aber sage mal: Hast Du wirklich geglaubt, dass die Berliner vergessen haben, dass auch deine zwei Bürgermeister-Vorgänger von der SPD waren? Oder muss man dich etwa so verstehen, dass Du dich als Anführerin einer neuen SPD-Ära verstanden hast – nicht als Erbin deiner verstaubten, männlichen Vorgänger sozusagen, sondern als neue strahlende Regierungschefin, die Berlin – jetzt aber mal wirklich, wirklich – komplett umkrempeln wird? Ist beides ein bisschen peinlich, oder?
Franziska, 2021, da war ich auf deiner Seite. Deine Partei mochte ich noch nie, aber ich dachte damals: Ach, diese Frau war Bürgermeisterin von Neukölln, die weiß, wie schlimm es um Berlin steht. Und sie macht diesen ganzen Öko- und Gender-Quatsch nicht mit, tritt sogar sichtlich als Frau auf, anstatt sich (wie meine damalige Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann) rein äußerlich schon als Männer-Hasserin zu positionieren. Ich dachte, dass Du vielleicht was reißen kannst – vor allem in puncto Innere Sicherheit. Aber Pustekuchen.
Spätestens als Du in Reaktion auf die katastrophalen Silvesterausschreitungen vor ein paar Wochen nichts anderes unternommen hast, als einen „Jugendgipfel“ einzuberufen, war wohl jedem Berliner klar: Von dir kann man nichts erwarten. Eine Frau, die Neukölln kennt, spricht nicht das offensichtliche Migrationsproblem an, das wir in dieser Stadt haben, spricht nicht über die Parallelgesellschaften, die sich bei uns entwickeln, nicht über die Zunahme der Gewalttaten und sexuellen Übergriffe, unter denen immer mehr Berliner leiden.
Thema Nummer eins bei der Wahlentscheidung der Berliner am Sonntag war „Sicherheit und Ordnung“ – das hat unter anderem eine Umfrage der Tagesschau gezeigt. Dort hast Du enttäuscht. 53.000 Wählerstimmen hast du im Vergleich zur Wahl 2021 an die CDU verloren, ganze 57.000 hast Du zu Nichtwählern gemacht.
Seien wir mal ehrlich, Franziska: Du hattest nicht zu wenig Zeit. Du hast einfach eine Politik gemacht, die sehr vielen Berlinern völlig gegen den Strich geht. Dass Du dir jetzt zusätzlich wünschst, die Rot-Rot-Grüne Koalition unter deiner Führung fortzuführen, macht die Sache nicht gerade besser. Schon ein Kindergarten-Kind muss lernen, dass es nicht den ganzen Tag allein auf der Schaukel bleiben kann, nur weil es das gern will. Vielleicht, liebe Franziska, wäre es Zeit, die Schaukel abzugeben.