Am Montagabend versammelte sich eine seltsame Gruppe am Kottbusser Tor in Berlin. Ihre Forderung: Freiheit für ihren Genossen Hasan Unutan – und die Abschaffung jener Gesetze, die kriminelle und terroristische Vereinigungen unter Strafe stellen.

Die mehrheitlich türkischstämmigen Kommunisten des „Antiimperialistischen Kampfkomitees“ (AEMK) veranstalten seit dem 22. Januar deutschlandweit Kundgebungen. Ihr Ziel ist klar formuliert: die Abschaffung der Paragrafen 129, 129a und 129b des deutschen Strafgesetzbuches. Sie stellen die Bildung krimineller und terroristischer Vereinigungen unter Strafe. Für die Kommunisten, so hört man deren Kundgebungen, nicht mehr als „Nazi-Paragrafen“, die nur dafür da sind, um sie zu unterdrücken.
Seit der Verhaftung von Hasan Unutan am 9. Februar fordern die Genossen auch dessen Freiheit. Unutan wurde unter anderem wegen der Teilnahme an Kundgebungen gegen die Paragrafen 129 und dem Besuch eines Konzerts der türkische Band Grup Yorum verhaftet. Von türkischen und deutschen Behörden wird die Grup Yorum der Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front in der Türkei zugerechnet. Die Organisation plant die Zerschlagung der türkischen Staatsordnung. Deshalb befindet sie sich auf der Liste terroristischer Vereinigungen in der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten.
Gegenüber Pleiteticker.de beteuert eine junge Frau auf der Veranstaltung des AEMK die Unschuld von Hasan Unutan. Er sei Vater von drei Kindern und „Antifaschist“. Angst, auch verhaftet zu werden, hat sie nicht. „Ich möchte mir keine Sorgen machen“, sagt sie. Durch die Kundgebungen erhoffen sich die Aktivisten Solidarität aus der Gesellschaft, damit die Gefangenen befreit und Paragrafen abgeschafft werden.
Auf Nachfrage, ob man durch die Abschaffung des Paragrafen 129 womöglich Rechtsextremisten die Tür öffne, gibt sich die junge Frau gelassen. „Seit 70 Jahren wurden immer mehr Antifaschisten statt Nazis kriminalisiert und verhaftet“, erklärt sie im Gespräch mit Pleiteticker.de. Natürlich sollen „Nazis“ weiterhin bestraft werden, die Paragrafen wären dafür allerdings nicht notwendig.
Der kurze „Lange Marsch“
Ihren Kampf um die Abschaffung von Paragraph 129 und der Forderung nach Freiheit von Hasan Unutan sowie weiterer Gefangener sehen die Demonstranten als „Langen Marsch“. Eine Anlehnung an den Heldenmythos der chinesischen Kommunisten. Ihr Langer Marsch dauerte 370 Tage und forderte viele Todesopfer. Die AEMK-Anhänger werden ihren Marsch am 25. Februar beenden. Ein verhältnismäßig kurzer Marsch.
Ähnlich mager fiel die Kundgebung am Montagabend am Kottbusser Tor aus. Einige der Genossen verteilten Flyer an Passanten. Kundgegeben wurde neben vereinzelten Gesprächen nichts. Die Genossen hatten weder Mikrofon noch Sprecher organisiert. Ein Transparent und die leeren roten sowie schwarzen Flaggen gingen im Treiben am Verkehrsknotenpunkt zusammen mit den Teilnehmern unter.